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  • Michael Boettcher

mehr als 1000 Beiträge seit 18.07.2000

lieber heute als morgen auflösen!

Herr Kompa, Sie machen es sich sehr einfach und übernehmen weitgehend ohne Beleg die Behauptungen von Politik und Verfassungsschutz für dessen Notwendigkeit. Ein Inlandsgeheimdienst, der auch nach ihrer Feststellung rechtsstaatsfern agiert, passt aber nicht zu einem Staat, über den oft und gern behauptet wird er wäre ein demokratischer Rechtsstaat.

Zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes zählen Sie die Beobachtung "politischer Ränder" und deren Einhegung. Was Rand ist und was nicht, das definieren der Verfassungsschutz bzw. seine Führung selbst, sowie vor allem aktive Politiker. Dabei dürften die je nach politischer Präferenz jeweils einen sehr persönlichen Blick auf das haben, was sie "extrem" finden. Dem Verfassungsschutz ist inzwischen jeder, der Kritik an der Regierung und Institutionen des Staates übt, randständig, ein "Delegitimierer". Dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz unter Herrn Haldenwand als Wahrheitsministerium geriert, das allein bestimmen will, was innerhalb der Grenzen der Verfassung sag- und machbar ist, ist auch angesichts der Geschichte dieser Behörde ziemlich aberwitzig. In Wahrheit sitzen die Verfassungsfeinde erkennbar auch an oberster Position im BfV, wenn Herr Haldenwang sich z. B. zwecks Meinungsünterdrückung äußert.

Dass Politiker und Führung des Bundesverfassungsschutzes und der Verfassungsschutzämter der Länder nicht müde werden zu behaupten, sie hätten Terroranschläge verhindert, ohne dass sie dies je beweisen wollten oder konnten, hat die Qualität von Nebelkerzen und ist allenfalls als Balsam für die Seele zuvor erschreckter Bürger geeignet. Wobei diese Bürger meist nicht wissen, dass der Verfassungsschutz seit Jahrzehnten selbst die Verbrechen schafft, vor denen er angeblich schützt. Beispiele wie das "Celler Loch" oder der Rettungsschirm, den der Verfassungsschutz über den NSU hielt, sind ja nur die Spitze des Eisberges. Was der Verfassungsschutz in der Presse lanciert sind vor allem Mutmaßungen, die von der Presse begierig aufgegriffen und oft reisserisch und frei interpretiert ausgewalzt werden. Damit schafft man es nicht ins Feuilleton aber auf die Titelseiten, wo das Innenministerium und sein zuständiger Minister nicht nur im Wahlkampf gern Stories über die eigene Arbeit liest.
Zu diesen "Stories" darf man auch die "politisch motivierten" Straftaten zählen, die vor allem deshalb so hoch und mit diesem Etikett versehen sind, weil andernfalls nahezu jedem deutlich wäre, dass es ohne diese den Verfassungsschutz gar nicht gäbe; weil nämlich in den übrigen Straftaten enthalten. Ob man nun "du Pimmel" an eine Hauswand schmiert oder etwas anderes: in jedem Fall ist es Sachbeschädigung, egal ob sich ein ungeschickter Politiker dadurch angesprochen fühlt oder nicht.

Sicher nicht um das Land vor Anschlägen zu schützen wurde der Anwalt Rolf Gössner fast 40 Jahre grundrechtswidrig vom Verfassungsschutz bespitzelt. Ist das die "Einhegung" des "extremistischen Randes", den Sie zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes zählen? Für angeblich verfassungsfeindliche Aktivitäten reicht der unbelegte Vorwurf man hätte Kontakte zu angeblich "linksextremistischen" Organisationen. Besonders abenteuerlich ist in dem Zusammenhang die Behauptung des BfV, dass Herr Gössner bewusst nicht in eine extremistische Organisation eingetreten wäre, um seine Glaubwürdigkeit als unabhängiger Experte zu bewahren. Egal was man macht oder sagt, dem Verfassungsschutz ist man verdächtig. Wer von der Haldenwangschen Position abweicht, dem droht Beobachtung/Verfolgung. Ja, Verfassungsschützer haben niemandem etwas zu sagen, dürfen nicht verhören, festnehmen, indoktrinieren oder Weisungen erteilen. Aber sie können einem Mitbürger das Leben zur Hölle machen, ihn diffamieren, sein berufliches und bürgerliches Leben zerstören, lügen, betrügen, Akten unterdrücken und schreddern, sich einschleichen und V-Leute in der Szene pudern, Waffen und Geld für Rechtsradikale organisieren und sie tun das auch.

Über 70 Jahren Skandale sind für Sie kein Grund den Verfassungsschutz aufzulösen? Doch, allein das ist ein ausreichender Grund, weil sich zeigt, dass diese Behörde lernresistent und nicht reformierbar ist. Ich finde, es reicht!

M. Boettcher

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