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  • Harald_erst_Gestern

493 Beiträge seit 07.02.2021

Staat der sich über die demokratische Ortnung stellt delegitimierert sich ...

... selbst. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 20 definiert wann der Staat legitim ist und wann nicht mehr.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Aber laut den Verfassungsfeinden in den Amtsstuben soll der Staat also eine eigene Legitimität haben und zwar offensichtlich unabhängig von der Natur des Staates?

Moment mal! Darüber lohnt es sich etwas nachzudenken.

Da drängt sich die Frage auf, was ist der Staat eigentlich? Für die simplen Geister wird ja immer gesagt, wir alle sind der Staat. Und das Grundgesetz stützt diesen Gedanken ja auch und zwar in Artikel 1 (3) und 20 (4).

Aber der Staat kann seine Legitimität nur aus der Einhaltung des Grundgesetzes beziehen, so interpretiere ich zumindest das Grundgesetz. Das Grundgesetz gibt dem Staat selbst keine Legitimität, sondern lediglich der „grundgesetzliche Ordnung“. Diese ist legitim oder eben nicht und das Grundgesetz definiert diese „grundgesetzliche Ordnung“. Der Vorwurf der „Delegitimierung des Staates“ durch eine Bürgerbewegung oder durch Pressevertreter, die ihrerseits auf das Grundgesetz pochen, ist also aus sich heraus kaum erklärbar, zumindest nicht auf Basis des Grundgesetzes. Es muss also eine staatliche Legitimität ausserhalb der rechtlichen Grundlage herangezogen worden sein, oder?

Zurück zur Frage: Was ist der Staat eigentlich? Aus was bezieht der Staates seine Legitimität, wenn nicht aus der Einhaltung und Verteidigung des Rechts? Formal ist die Sache übersichtlich. Der Staat ist dreiteilig. Der Staat, den wir volkstümlich mit „der Staat“ meinen sind die Staatsorgane also die öffentliche Hand und womöglich seine privatrechtlich organisierten Tochtergesellschaften. Aber das Zweite ist schon sichtlich strittig. Zum Staat gehören aber auch die Bürger, also wir das Staatsvolk und dann gibt es auch noch das Staatsgebiet. Wenn diese Bürgerrechtsbewegung im demokratischen Prozess eine Mehrheit des Volks hinter sich bringen würde wäre bestenfalls die abgelöste Regierung oder die öffentliche Hand delegitimiert. Die öffentliche Hand müsste man dann mit anderen Menschen neue organisieren.

Mit der Formel „Delegitimierung des Staates“ muss also die Regierung, also die Spitze der öffentliche Hand gemeint sein. Die maßen sich also an „der Staat“ zusein. Die Regierung sagt also mit der Formel „Delegitimierung des Staates: „Da sind potentielle Gegner der Regierung, die uns die Legitimität absprechen.“ - Es kann durchaus sein dass die Regierung richtig liegt, mit ihrer Einschätzung über die äussere Sicht auf ihrer Legitimität

Das Grundgesetz legt meiner Meinung nach nahe, dass die Legitimität der Regierung vom Volk in Wahlen, Abstimmungen und durch „besondere Organe der Gesetzgebung“ regelmässig bestätigt wird oder nicht. Hier liegt eindeutig eine Dualität vor, das Volk und Staatsorgane legitimieren scheinbar gleichberechtigt den Staat. Die Legitimität des Staates ist also zur Hälfte eine selbst Legitimierung. Aber da ist nichts mit „Gleichberechtigung“ wo die Stimme von 80 Millionen Menschen zusammen nur das gleiche oder weniger Gewicht haben wie das einiger hundert Mitglieder dieser „besonderen Organe“?

Nein die Vertreter der Staatsmacht glauben sich weit über dem Volk. Ganz in der Tradition des Sonnenkönigs Ludwig XIV von Frankreich, der sagt: „Der Staat bin ich!“

Die Staatsmacht behauptet tatsächlich, eine Gruppe von Menschen ausserhalb der öffentlichen Hand würde „Delegitimierung des Staates“ betreiben. Denn diese weist darauf hin dass sich die Regierung ausserhalb des Grundgesetzes stellt, ist das nett ausgedrückt geradezu Kafkaesk oder weniger nett Totalitär. Zeigt aber das totalitäre Staatsverständnis der Menschen innerhalb der Regierung, so gut wie sonst keine andere öffentliche Äusserung der Menschen innerhalb der Staatsmacht.

Ich gebe zu, das letzte mal als eine Bürgerrechtsbewegung eine Regierung auf deutschen Boden delegitimiert hat, ist es auch um den betroffenen Staat geschehen. Die DDR war dann mal weg. Es liegt für mich nahe, dass unsere Kanzlerin, die in der DDR eine FDJ Funktionärin war, diese traumatisierende Erfahrung vermeiden möchte.

Man muss aber zugeben das „Delegitimierung des Staates“ in der Regel von aussen betrieben wird. So geht zum Beispiel die Kriegsstrategie des Bombenterrors gegen die Zivilbevölkerung davon aus, dass das betroffene Volk die Schuld für ihr Leid der eigenen Regierung zuschieben soll. Das fremde Volk soll rebellieren und die Regierung stürzen. Das Konzept wurde von Bomber „do it again“ Harris (Copyright: Mercedes Reichstein, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft) wohl 1922 in Indien zum ersten mal eingesetzt. Im 2. Weltkrieg wurde das perfektioniert und es hat sich gezeigt dass es nicht funktioniert. Dass ficht aber die Freunde des Bombenterrors und anderen Kriegsverbrechen nicht an. Seit 1945 hat das Konzept gut 35 Millionen weiter Todesopfer gefordert. Es ist übrigens überliefert dass das Konzept auch nach 1945 nie erfolgreich war. Tatsächlich wissen wir nicht was die Bundesregierung dazu treibt, dieses nun fast 100 Jahre alte Versagerkonzept der „Delegitimierung des Staates“ zum Beispiel in Syrien nach Kräften zu unterstützen.

Die „Delegitimierung des Staates“ hat also etwas mit militärischer Gewalt zutun. Es hat etwas mit Revolution zutun. Das Journalistenportal KenFM deligitimiert angeblich auch den Staat. Aber die rufen explizit nicht zur Gewalt auf, muss es etwas anderes sein das eine „Delegitimierung des Staates“ bedeuten könnte. Da fällt mir ein Zitat von George Orwell ein: „Im Zeitalter der universellen Täuschung ist dass aussprechen der Wahrheit ein revolutionärer Akt.“

Würde das aber nicht bedeuten, dass die öffentliche Hand implizit einräumt, dass bei KenFM und der Bürgerrechte Bewegung „die Wahrheit“ ausgesprochen werden könnte? - Das wäre ja eine Sensation.

Ich will aber noch einen anderen Aspekt beleuchten, den ich oben schon kurz in einem Halbsatz erwähnt habe. Kann es sein das die „Delegitimierung des Staates“ vom Staat selbst voran getrieben wird? Der Staat verlagert immer mehr Aufgaben in die Sphäre der privat Wirtschaft. Der „bremer Staat“ zum Beispiel betreibt gut 250 GmbH´s. Diese tun Dinge die der Staat vorher in Ämtern und Behörden organisiert hatte. Das hat mindesten zwei bedeutsame Effekte. Der erste ist, dass die Dienstleistung um mindestens den Betrag der Umsatzsteuer (19%) für uns Bürger teuerer werden. Und der zweite Effekt ist dass das Parlament nicht mehr für die Kontrolle der Aktivitäten zuständig ist.

Artikel 20 Absatz 1: „Die Bundesrepublik Deutschland (und auch die Länder) ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ GmbH´s und andere Kapitalgesellschaften sind autokratische also undemokratische Organisationen. Wenn sich der Staat mittels solcher Kapitalgesellschaften organisiert, muss man infrage stellen ob Artikel 20 Absatz 1 noch eingehalten ist (z.B. Die Autobahn GmbH des Bundes). Hier wurde ein „besonderes Organ der Gesetzgebung“ also das Parlament durch Verschiebung von Staatsaufgaben (Autobahn) in Sphäre des Privatrecht delegitimiert. Und zwar durch die Regierung oder durch das Parlament selbst. Wenn das Parlament dem zugestimmt hat und das hat es.

Artikel 20 Absatz 2 wird hier massiv untergraben: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Die „besonderen Organe der Gesetzgebung“ sind Parlamente, diese sind aber für größere Teile der ehemals öffentlichen Hand nicht mehr zuständig.

Ich stelle mir die Frage: Was ist in diesem Kontext mit Artikel 20 Absatz 3? Wenn sich die Parlamente selbst aus der Kontrollfunktion über die Regierung entziehen. „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ den laut Artikel 20 Absatz 1 ist „die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“

Aber praktisch gesehen ist das nur noch in der Theorie der Fall.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (15.06.2021 17:37).

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