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Avatar von Twistie2015

mehr als 1000 Beiträge seit 21.01.2015

Ob wir uns treffen können

hier sehe ich oft ein Problem darin, dass eher undeutlich kommuniziert wird, dass ein Treffen überhaupt nicht erwünscht wird. Dies ist ja auch in Filmen zu sehen, obgleich diese die Realität natürlich nur schwerlich abbilden, aber doch manches Mal gängige Verhaltensweisen treffend wiedergeben.

Aber auch wer im RL genau hinhört, wird oft feststellen können, dass die Rücksicht eher heuchlerisch ist da sie zwar als Begründung dafür genutzt wird, dem Anfragenden "nicht wehtun zu wollen", dies aber nicht auch dazu führt, dass der Anfragende nicht auch gegenüber Freunden und Bekannten dann vorgeführt wird. (Der Anfragende kann hierbei jeglichem Geschlecht angehörigen).

Typisches Beispiel:
Uni-Kollege fragt jemanden (w/m) ob er/sie mit ihm weggehen möchte, auf einen Kaffee. So manches Mal kommt es vor, dass der Angefragte überhaupt nicht mit demjenigen weggehen will, dennoch aber Ausflüchte bringt.
- wie schade, heute bin ich schon verabredet
- du, mir passt es heute nicht so
- also, im Moment gehe ich nicht aus
- heute kommt xy im Fernsehen
heute geht es mir nicht so gut
...

Nicht selten wird ein erneutes Fragen dann schon im Freundeskreis eher als Belästigung oder als Nerverei bzw. belustigendes / armseliges Verhalten angesehen weil ja der Anfragende doch merken muss, dass der Befragte überhaupt nicht will, dabei wird aber übersehen, dass mancher Mensch dies eben nicht merkt, sondern eben annimmt, ein "heute nicht" heißt "prinzipiell schon". Ausflüchte lassen viele darauf schließen, dass das eigentlich heißt "ich will überhaupt nicht", aber gerade auch für schüchterne Menschen, Aspies... kann dies eben auch bedeuten "heute nicht, aber frag ruhig wieder, denn prinzipiell wäre ich interessiert"
Derjenige kann dann aber nicht wissen, dass dieses Verhalten schon in einem Katalog über sexuelle Belästigung auftaucht, er also als jemand, der sexuell belästigt, angesehen wird.

Warum wird dann nicht gleich offen gesagt "Bitte nicht böse sein, aber ich möchte nicht mit dir ausgehen".
Je nach Typ wird ja ein "Nichtaufgeben" sogar auch als Kompliment angesehen, nach dem Motto "den/die lasse ich mal abblitzen, wenn er wirklich interessiert ist, kommt er/sie wieder". Spielchen der Erwachsenen eben zum Stärken des eigenen Egos.
Je nach Typ wird es auch als belustigend angesehen, wenn er/sie wiederkommt, nach dem Motto "Du, die kleine Dicke von der Buchhaltung hat mich schon wieder gefragt, lol... die checkt es echt nicht".

Auch andere Verhaltensweisen sind ja nur auf Grund des Empfindens dann sexuelle Belästigung, z.B. "dass jemand mir nachgegangen ist...so dass ich es mit der Angst bekam". Auch hier finden sich in der medialen Welt schöne Beispiele, wie mit dieser "Bedrohung" dann gespielt wird, oft komödiantisch oder eben entlarvend, wenn es z.B. am Schluss darum geht,, dass etwas vergessen wurde, der "Verfolger" aber die Hucke voll bekommt.

inclusive "ich habe andere Formen erlebt" finde ich in dem Katalog sechs Punkte, die alles andere als eindeutig sind. Z.B. auch das"über jemanden beugen" oder "Kommentare über meinen Körper, mein Privatleben..." Ein Kommentar über das Privatleben oder den Körper, der als unangenehm empfunden wird, muss ja gar nicht sexistisch sein, ein "wow, Sie sehen ja heute toll aus, schönes Kleid / toller Anzug" kann ja auch, je nach Person, schlicht weg als Kompliment angesehen werden, mehr nicht.

Alles in allem ist so ein doch vager Fragenkatalog mehr dazu geeignet, die "Sexuelle Belästigung" als Begriff so zu verwischen, dass tatsächliche Belästigung oder Nötigung damit entwertet wird, ähnlich wie bei anderen sexuell aufgeladenen Begriffen des Strafrechtes wie z.B. Kinderpornographie. Wenn dreimal fragen ob jemand mit mir ausgesehen möchte schon als sexuelle Belästigung gilt, dann ist dies dazu geeignet, dass jemand sagt "ah ja, ,sexuelle Belästigung, schon klar... die Ärmste wurde bestimmt gefragt, ob jemand mit ihr ausgehen möchte".
Die Frage wäre dann z.B. auch wie deutlich jemand klargemacht hat, dass er mit dem oder derjenigen gar nicht ausgehen möchte usw.
Das fehlt aber dabei.

Der Gastwirt gegenüber hat oft ein nettes Wort über mich parat, z.B. über meine Klamotten, außerdem fragt die ältere Frau dort, wie es bei uns eigentlich mit dem Thema Kinder aussieht, wegen meiner grünen Haare werde ich öfter auch angestarrt, gerade auch von Kindern... furchtbar, wenn ich es so bedenke ;)

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