Von der Medizin erwarte ich, dass sie allen ihren Patienten bestmöglich bei ihren Problemen hilft. Ich erwarte jedoch nicht, dass sie Verwantwortung auf die Gesellschaft (" ist so weil Ungleichheit in der Gesellschaft, problematische Sozialisierung, blah blah") abschiebt. Egal ob mit oder ohne die Hilfe alter Beauvoirscher Vorstellungen. Wenn erst in den Jahren nach 2010 langsam durchdringt, dass psychische Massenkrankheiten wie Depression ganz unterschiedliche Bilder bei Männern zeigen und dass Mediziner in der Folge dreimal weniger korrekt behandeln, Männer dreimal häufiger Selbstmord begehen, dann ist das ein ganz fettes Problem. Schon sehr lange.
Beauvoir kreide ich an, dass sie diese Verantwortungsverschiebung (vielleicht ungewollt, aber sie hat) erleichtert hat. Mir ist bewusst, dass Beauvoir-Fans das nicht gelten lassen wollen.
Und da hier auch der Herzinfarkt genannt wurde: Die Sterbeziffer des akuten Herzinfarkts im Jahr 2011 bei Männern lag um 26,2 % höher als bei Frauen, in der Altersgruppe der 50- bis 55-jährigen Männer sogar um das 5-fache. Quelle: Deutsche Herzstiftung, Pressemitteilung vom 29. Januar 2014.
Und was haben diese Zahlen, Fakten und sachliche Diskussion nun gebracht? Die Selbstmordziffer ist schon lange bei Männern viel höher, ein öffentliches Thema ist es bis heute nie geworden. All die braven Statistiken liegen immer schon vor. Von oben tönt es anders: Da werden Frauen sogar die wahren Opfer, weil sie dann ja allein sind, wenn die Männer sterben. So hat es sinngemäss die amerikanische Präsidentschaftskandidatin gesagt ("Frauen waren schon immer Hauptopfer im Krieg. Frauen verlieren ihre Gatten, ihre Väter, ihre Söhne im Kampf."). Da ist jede Sachlichkeit ein Schuss in den Ofen.