Twistie2015 schrieb am 20.05.2016 19:41:
Zynischer Beobachter schrieb am 20.05.2016 14:40:
Als ich im Alter zwischen 16 und 18 Jahren war, hielt meine damalige Freundin es für durchaus legitim, mir mit einem solchen Tritt zu verstehen zu geben, dass ihr eine Äußerung meinerseits nicht gefiel. [...]
Irgendwann war es mir dann zu viel und es gab heftigen Streit, ausschließlich verbal wohlgemerkt. Die Beziehung stand zur Disposition. Dabei kam auch zum Vorschein, dass sie nicht im Ansatz eine Vorstellung davon hatte, wie schmerzhaft das wirklich ist. Danach gab es, glaube ich mich zu erinnern, noch zwei oder drei solcher Tritte aber schlussendlich hörte sie damit auf; das mögliche Ende der Beziehung war eine wirksame Abschreckung.
Und es wäre mir auch im kühnsten Traum nicht eingefallen, in irgendeiner Form rechtlich dagegen vorzugehen.Langer Rede, kurzer Sinn: auch nach meinem heutigen Verständnis, sehe ich mich nicht als Opfer.
Es ist natürlich auch legitim, für sich selbst zu sagen "ich war kein Opfer", aber mal eine Nachfrage: hältst du physische Gewalt für eine legitime Art, einen Konflikt zu klären? Egal ob du auch ein Arschloch warst oder physische oder sogar psychische Gewalt angewandt hast, was ich alles nicht bewerten und wissen kann - das ist doch einfach keine Art zu kommunizieren.
Nein, Gewalt, ob nun physischer oder psychischer Natur, hat in meinen Augen noch nie Konflikte lösen können. Der Stärkere gewinnt, das ist alles. Die Ursachen des Konflikts werden so nur unterdrückt.
Ich finde nur, man sollte nicht unbedingt jeden tätlichen Übergriff (klingt auch zu brutal dafür) als Gewalt zur Lösung eines Konfliktes bezeichnen. Was ist dann beispielsweise mit der viel zitierten schallenden Ohrfeige, die Frau ja gerne mal austeilt? Da geht es ja nicht um Konfliktlösung, sondern darum zu zeigen, dass eine Grenze überschritten wurde. Wenn der Geohrfeigte sein Handeln nicht ändert, wird erst ein Konflikt draus. Sie sollte nicht inflationär genutzt werden, aber ich sehe das noch durchaus als legitim an, dass eine Frau damit zeigt: das war zu viel. Ohne Grund teilt sie ja nicht aus. Also gerade was unwillkommene oder zu forsche Avancen angeht, finde ich das in Ordnung.
Ich sehe das so: wenn man nicht gerade masochistisch veranlagt ist, ist psychische und physische Gewalt einfach ein No-Go einem gegenüber. Wenn man selbst zuschlägt, dann kann der andere sich wehren und ansonsten, sihee meine Vorschläge, hoffe ich, dass immer mehr Menschen von kleinauf so viel Selbstbewusstsein usw. gelehrt bekommen, dass sie sagen "so, jetzt reicht es, das habe ich nicht nötig, ich gehe".
Aber das mit dem Zurückschlagen führt unweigerlich in eine "Lösung" per Gewalt, die ja eben keine ist. Also schon der erste Schlag darf nicht passieren, denn ab da ist die Sache schon gelaufen und eine Konfliktlösung unmöglich, auf dem Weg jedenfalls. Und es eskaliert ja eher als andersherum, die Spirale der Gewalt.
Ich begrüße Deine Vorschläge sehr, fürchte aber, dass das noch ein sehr weiter Weg ist. Deeskalation ist eine Kunst, die erlernt werden muss. Vor der Gewalt läuft der Konflikt ja schon, und er eskaliert eben erst dorthin. Sobald einer Partei die Argumente ausgehen und die Wut übernimmt,
Jemanden zu verletzten ist einfach eine Sache, die nicht geht.
Da sollte man auch oft aufpassen, dass man nicht in eine Abhängigkeits- oder Gewaltspirale reingerät. Auch ein Thema bei Beziehungen mit Borderlineerkrankten.Wie würdest du denn eine solche Angelegenheit bei anderen sehen?
Weiß jetzt nicht so genau, worauf Du hinaus willst. Aber ich habe von einer Freundin erfahren, dass ihre Tante in einer solchen Abhängigkeitsspirale zu stecken scheint. Wiederholte andauernde Misshandlung durch Schläge vom Partner. Die ganze Familie ist fassungslos, dass sie trotzdem immer wieder zurückgeht oder ihn sogar noch in Schutz nimmt. Mir fehlt dafür allerdings auch das Verständnis. Wirklich, ich kann es nicht verstehen. Kann man einen Menschen wirklich so lieben, dass man trotz eines solchen Verhaltens an ihm festhält? Aber ich denke das ist ein bisschen wie der Tritt in die Eier, entweder man weiß durch eigene Erfahrung wie der sich anfühlt oder man hat keine Vorstellung davon. Ich kann mich da tatsächlich nicht in die Lage der Tante versetzen, und ich glaube auch, dass alle anderen Außenstehenden das genauso wenig können. Nur die, die es selbst schon erfahren haben.