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  • Alex Riemenschneider

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Re: Re: Re: Betrifft das Gutachten überhaupt die aktuelle Militäroperation in de

Leser2015 schrieb am Heute, 21:43:

Alex Riemenschneider schrieb am 21.03.2022 21:18:

Leser2015 schrieb am 21.03.2022 20:57:

Danke für den tagesschau-Link, wusste ich nicht, doch dann bliebe die Frage, wie ein Selbstverteidigungsrecht aus Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen zu rechtfertigen wäre; kenne nur die Diskussion um präventive und präemptive Militäraktionen, wobei ich den Themenkomplex noch nie wirklich verstanden habe.

Das ist nicht wirklich kompliziert. Die Ukraine hat das völkerrechtliche Recht, sich gegen den russischen Angriffskrieg zu verteidigen. Wäre die Ukraine Mitglied in einem „Bündnis zur kollektiven Verteidigung“, hätten auch die mit der Ukraine verbündeten Staaten das Recht, die Ukraine vor Russland zu verteidigen. Zum Unglück für die Ukraine steht sie allein gegen Russland im Krieg.
Die UN-Generalversammlung hat in ihrer Resolution ES 11/1 auch nochmal die wichtigsten Verstöße Russlands gegen die Charta der Vereinten Nationen aufgeführt.

Die „Präventivkriegsthese“ dagegen ist eigentlich seit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion diskreditiert.

Selbstverständlich hat auch die Ukraine ein Selbstverteidigungsrecht, aber im tagesschau-Link ging es doch nur um das russische (!) Selbstverteidigungsrecht: Russland hatte nicht an der Verhandlung in Den Haag am 7. März teilgenommen. Interessant ist aber: Es hat eine schriftliche Stellungnahme nachgereicht. Darin wird nicht mehr die Gefahr eines Völkermords als Kriegsgrund genannt, sondern nur noch das Selbstverteidigungsrecht aus Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.

Der Gerichtshof hat das zur Kenntnis genommen. Genauso wie offizielle russische Aussagen, die den Überfall mit einem angeblichen Völkermord rechtfertigen. Aus der Entscheidung (Volltext lesen lohnt sich):

46. The Court recalls the Russian Federation’s assertion that its “special military operation” is based on Article51 of the United Nations Charter and customary international law (see paragraphs 32-33). The Court observes in this respect that certain acts or omissions may give rise to a dispute that falls within the ambit of more than one treaty (cf. Alleged Violations of the 1955 Treaty of Amity, Economic Relations, and Consular Rights (Islamic Republic of Iran v. United States of America), Preliminary Objections, Judgment of 3 February 2021, para. 56). The above-referenced assertion of the Russian Federation does not therefore preclude a prima facie finding by the Court that the dispute presented in the Application relates to the interpretation, application or fulfilment of the Genocide Convention.
47. The Court finds therefore that the above-mentioned elements are sufficient at this stage to establish prima facie the existence of a dispute between the Parties relating to the interpretation, application or fulfilment of the Genocide Convention.
3. Conclusion as to prima facie jurisdiction
48. In light of the foregoing, the Court concludes that, prima facie, it has jurisdiction pursuant to Article IX of the Genocide Convention to entertain the case.
49. Given the above conclusion, the Court considers that it cannot accede to the Russian Federation’s request that the case be removed from the General List for manifest lack of jurisdiction.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.03.2022 22:42).

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