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  • Kürbisschnitzer

mehr als 1000 Beiträge seit 23.10.2012

Thema Sanktionen, Rubel und Bezahlung der Energieimporte

https://finanzmarktwelt.de/rubel-gas-russische-zentralbank-229667/

Ulrich Leuchtmann, Leiter des FX-Research bei der Commerzbank, hat die praktikable Anwendung der Rubel-Käufe näher erläutert, bei der verhindert wird, dass die offiziellen westlichen Sanktionen gegen die russische Zentralbank gebrochen werden. Hier erwähne ich auszugsweise einige seiner heutigen Aussagen. Es ist seiner Aussage nach mehr als abenteuerlich der russischen Seite in dieser Sache „Vertragsbruch“ vorzuwerfen. Denn Gaslieferverträge (die größtenteils Bezahlung in Dollar oder Euro vorsehen) seien Verträge zwischen russischen Unternehmen und EU-Unternehmen. Diese Verträge könnten nun nicht mehr eingehalten werden, weil die Gesetzeslage in Russland sich ändert. Das sei kein Vertragsbruch, sondern die Vertragserfüllung sei objektiv unmöglich geworden – so wie bei allen Sanktionen. Auch EU-Unternehmen könnten nicht Lieferverträge einhalten, wenn diese gegen die EU-Sanktionen verstoßen. Eine Sanktion sei kein Vertragsbruch, sondern eine Eingriffsnorm. Staaten hätten das Recht solche Normen zu setzen.

Und jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt. Laut Ulrich Leuchtmann muss niemand die Sanktionen gegen die russische Zentralbank brechen um Rubel zu erwerben. Rubel – wie jede andere Währung der Welt – gebe es nicht nur bei der Zentralbank, sondern auch bei Geschäftsbanken. Einige von denen seien ebenfalls sanktioniert, aber eben nicht alle. Und klar, diese Geschäftsbanken würden natürlich wiederum mit der Zentralbank handeln. Aber das würden Banken per definitionem so machen. Die Sanktionen gegen die russische Zentralbank können seiner Aussage nach daher gar nicht als Sekundärsanktionen angelegt sein (also nicht auch Institute treffen, die aufgrund ihrer lokalen Rechtslage sich nicht an EU- und US-Sanktionen halten). Weil sonst – wieder: per definitionem – alle russischen Banken sanktioniert wären.
Interessante Anmerkungen

Die russische Volkswirtschaft insgesamt hat sich laut Aussage von Ulrich Leuchtmann netto fast eine halbe Billion Dollar an Forderungen gegenüber dem Ausland erarbeitet. Nun habe Russland aber in den letzten Wochen die Erfahrung machen müssen, dass viele dieser Forderungen (die Reserven der Zentralbank, Konten von sanktionierten Unternehmen und Einzelpersonen) nutzlos werden können. Man dürfe sich daher doch nicht wundern, dass die russische Volkswirtschaft nicht mehr exportieren will, wenn sie weiterhin diesem Risiko ausgesetzt wäre. Wenn wir in Europa meinen, weiterhin russisches Gas kaufen zu müssen, dann müsse uns bitteschön klar sein, dass wir der Gegenseite dafür etwas für sie Nützliches bieten müssen. Will Europa das nicht, müsse halt Schluss sein mit den Gasimporten.

Freilich ist es laut Aussage von Ulrich Leuchtmann so, dass die Rubel, die zur Bezahlung der Gasimporte benötigt werden, irgendwoher kommen müssen. Wer im Westen Rubel besitzt, dürfte die nun leichter an Gasimporteure loswerden können. Ansonsten müsse sich der Gasimporteur Rubel besorgen, und zwar direkt oder indirekt wieder von russischen Geschäftsbanken. Nur muss man denen halt dafür Euros oder Dollar geben. Netto würden es also nicht mehr Konten russischer Gasexporteure sein, auf denen die Hartwährungsbeträge liegen, sondern die Konten russischer Geschäftsbanken. Sonst ändere sich eigentlich nichts. Solange vermutet werden könne, dass einige russische Banken von Sanktionen ausgenommen bleiben, weil der Westen nicht gänzlich auf Handel mit Russland verzichten mag, seien diese Banken aus russischer Sicht wohl der sicherste Platz, um die Währungen „unfreundlicher“ Staaten zu halten.

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