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  • Foriist

534 Beiträge seit 31.03.2016

Schlimme Exzeptionalismus-Fantasien

Im einleitenden Zitat "Die traditionellen Religionen der Russischen Föderation und der nukleare Schutzschild Russlands sind zwei Dinge, die den russischen Staat stärken..." betonte Putin ein Wort: "traditionell".

Bei einem Staatsbesuch im Mai 2017 ging Frau Dr. Merkel darauf ein. Es gibt von der Pressekonferenz eine Youtube-Aufnahme sowie die Dokumentation unter
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/pressekonferenzen/pressekonferenz-von-bundeskanzlerin-merkel-und-dem-russischen-praesidenten-putin-844758

Frau Dr. Merkel sagte: "...und ich habe Präsident Wladimir Putin gebeten, seinen Einfluss hier geltend zu machen, um diese Minderheitenrechte zu gewährleisten, genauso wie das auch im Umgang mit den Zeugen Jehovas gilt."

Russland hatte gerade nahezu 500 "extremistische" Gruppierungen verboten. Da Zeugen Jehovas in keinem Land den Wehrdienst antreten und nach 1991 einen gewissen Zuwachs verzeichneten, befanden sich unter den verbotenen Gruppierungen 478 Ortsgemeinden der Zeugen Jehovas - also der Hauptanteil.
Die Verbote gingen von den in diesem - lesenswerten - Telepolis-Artikel genannten religiösen Kreisen aus.

Was in dem gelungenen Telepolis-Artikel noch eingefügt werden könnte, ist Putins Text in der New York Times nach der Rede Obamas Rede an die Nation im Jahre 2013.
Er habe aufmerksam zugehört, auch jener Passage, in der der Amtskollege aus Washington sagte, die US-Politik mache „Amerika anders. Das ist es, was uns exzeptionell“,
also außergewöhnlich, mache, zitierte Putin Obama.

Der Glaube an einen religiös begründeten Exzeptionalismus durchzieht die Außenpolitik in Großbritannien und in den USA zumindest seit dem 19. Jahrhundert - bis heute.
Deutsche Medien ignorierten das Thema zumeist. Einen arg NATO-lastigen Kommentar fand man dazu in der "Welt": https://www.welt.de/politik/ausland/article119974091/Schmaehung-der-Intelligenz-jedes-Amerikaners.html
Im Businessinsider dagegen war bereits der Titel markant: "Vladimir Putin Calls Out American Exceptionalism In Intense NYT Op-Ed" - https://www.businessinsider.com/vladimir-putin-nyt-op-ed-2013-9
("Wladimir Putin prangert amerikanischen Exzeptionalismus in intensivem NYT-Kommentar an").

Darin geht Putin auf eine britische als auch - abgewandelt - amerikanische religiöse Sonderlehre ein, die beispielsweise in Wikipedia-Artikeln erläutert wird:
https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanischer_Exzeptionalismus
https://de.wikipedia.org/wiki/City_upon_a_Hill
https://de.wikipedia.org/wiki/Manifest_Destiny

Mit Blick auf die Gegenwart und die Veröffentlichungen von Prof. Karaganow ( https://de.wikipedia.org/wiki/Sergei_Alexandrowitsch_Karaganow ) - seit 1998 Mitglied der Trilateralen Kommission - drängt sich der Eindruck auf, dass es kein gutes Ende nehmen wird mit diesen Exzeptionalismus-Fantasien.
Prof. Karaganow erläuterte am 28.6.2023, warum Russland jene Staaten
Westeuropas
durch Nuklearschläge auslöschen sollte, die sich in ihrer gegen Russland gerichteten Politik hervorheben:

"Denkbar sind auch Warnungen an alle russischsprachigen Menschen, alle Bürger der früheren UdSSR und alle Menschen guten Willens, Orte zu verlassen, die potenziell Ziele eines Atomschlags sein könnten. ...Wenn man über einen hypothetischen Atomangriff auf Westeuropa diskutiert, besteht die Frage: Wie würden die USA darauf reagieren?
Praktisch alle Experten sind sich einig, dass die US-Amerikaner unter keinen Umständen auf einen Atomangriff auf Verbündete mit einem Atomangriff auf uns reagieren würden.
Sogar Biden sagte dies offen."

Ob sich Biden rein medizinisch noch an irgendetwas erinnern kann was er je sagte, ist dabei ebenfalls offen.
Auch wer nach Biden kommt und wozu sich dieser Nachfolger gezwungen sehen mag, ist offen.

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