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  • szul

mehr als 1000 Beiträge seit 25.06.2003

Wie kommst du darauf, dass der christliche Pazifismus Hilfe verbieten würde?

teutolith schrieb am 13.10.2022 12:41:

"Ich finde es erstaunlich, wie viele Varianten des Pazifismus Sie kennen. Ich selbst kenne nur eine und die lautet wie folgt: Eher gehe ich ins Gefängnis oder lasse mich selbst erschießen, als dass ich jemanden anders erschieße."

Nur geht es in der Ukraine um einen anderen Fall, nämlich den, daß man Zeuge ist, also: "Eher lasse ich den Täter das Opfer erschießen, als daß ich diesem helfe, sich zur Wehr zu setzen." Im bürgerlichen Recht nennt man sowas unterlassene Hilfeleistung.

Let not any one pacify his conscience by the delusion that he can do no harm if he takes no part, and forms no opinion. Bad men need nothing more to compass their ends, than that good men should look on and do nothing. He is not a good man who, without a protest, allows wrong to be committed in his name, and with the means which he helps to supply, because he will not trouble himself to use his mind on the subject.
-- John Stuart Mill

Wie kommst du darauf, dass der christliche Pazifismus es verbieten würde zu helfen?
Er verbietet nur, den Krieg durch weitere Waffenlieferungen zu eskalieren.

So sind z.B. Sanktionen solange in Ordnung,
wie sie die Zivilbevölkerung im sanktionierten Land nicht zu hart treffen.
Auch die Hilfe für die Kriegsflüchtlinge ist ein christliches Gebot,
und nicht ein christliches Verbot.

Um bei deinem Beispiel der unterlassenen Hilfeleistung zu bleiben:
Denkst du ernsthaft dass es nach deutschem Recht
als "legale Hilfeleistung" gelten würde,
wenn du jemandem, der bei einer Prügelei unterlegen ist,
ein Messer reichst?

Der christliche Pazifismus ist da aber viel weitreichender,
als die von dir beschriebene "Hifeleistung",
denn nach ihm würde man nicht eine Konfliktpartei weiter aufrüsten,
sondern sich selbst dem Aggressor in den Weg stellen - unbewaffnet.

Bitte stelle also den christlichen Pazifismus nicht so dar,
als würde er zu unterlassener Hilfeleistung führen.

Und bitte nimm zur Kenntnis,
dass man durchaus argumentieren kann,
dass die Waffenlieferungen eben keine angemessene Hilfleistung sind,
sondern eher nur weiteres Öl ins Feuer giessen.

Denn eine Konfliktpartei aufzurüsten
mag zwar auf lange Sicht den Ausgang des Konfliktes
im eigenen Sinne verändern,
aber sie dient sicher nicht einer schnellen Beilegung des Konfliktes
und der langfristigen Sicherung des Friedens.

Waffenlieferungen dienen schlicht den eigenen Interessen.
Sie als moralisches Gebot darzustellen ist Heuchelei!

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