Alkhadi schrieb am 02.07.2023 10:45:
> "nur ohne Herrschaft kann es Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit geben"
Da komme ich ins grübeln bei zwei wichtigen Problemen:
A) Wie soll ohne Herrschaft (ohne Regulierung) die Anhäufung immer größerer Vermögen durch die Super-Reichen entscheidend behindert werden? Wenn man das nicht schafft, häufen die ja immer mehr politische Macht und können herrschen.
B) Wie können ohne Herrschaft (ohne relevante Verhandlungspartner und ohne Regulierung) solche Probleme wie der anthropogene Klimawandel weltweit angegangen werden?
Sie hatten ja schon eine Antwort bekommen.
Ich sehe da teilweise noch etwas Anderes.
Ansätze zu einer Antwort befinden sich übrigens auch schon in anderen Kommentaren des threads.
Es ist zu unterscheiden zwischen der Frage wie man zu einer Anarchie kommt und der wie man in einer Anarchie lebt.
Die Strategie über eine direkte Demokratie zu einem allgemeinen politischen Bewustsein des Individuums zu gelangen hatte ich bereits angesprochen.
Dass sich eine Anarchie überhaupt als Alternative anbietet, entspringt, wie der Vorkommentator bereits schrieb, dem Umstand, dass ein Herrschaftssystem diese Übernahme der Herrschaft durch das Kapital offensichtlich nicht verhindern kann. Das klassische Beispiel dazu ist die römische Republik. Aber auch gegenwärtig ist die Übernahme der Staatsgewalt durch das Kapital längst gelaufen. Sogenannte Fassadendemokratien werden durch eine turbolobbyistische Plutokratie und deren NGOs regiert.
Der alte Satz von Carl Schmitt (Nazijurist), dass der Souverän ist, der den Notstand ausrufen kann, ist leider wahr. Und wer ruft den Notstand aus? ZB. die WHO, und die wird von wenigen Superreichen dirigiert.
In einer Anarchie ist das prioritäre politische Selbstverständnis die aktive Verhinderung einer Herrschaft. Ob man, ein mal in der Anarchie, überhaupt noch superreich werden möchte, muss oder kann, ist eine andere Frage. Dass eine Anarchie nicht kapitalistisch funktionieren kann, ist sonnenklar. Kapitalismus ist hierarchisch, autoritär und seiner inneren Logik entsprechend totalitär, denn er strebt immer zu Monopolen und totaler Marktbeherrschung, also Herrschaft.
In einer Anarchie gibt es so etwas wie den kapitalistischen Markt also gar nicht mehr, denn der wird vom Staat, also einer Herrschaftsinstitution als Gewaltmonopol organisiert und beschützt und ermöglicht so erst den Kapitalismus, der an sich nur eine Kapitalisierungsmethode schon bestehender Eigentumstitel (auf Besitz) ist. Genau diese Letzteren beschützt der Staat mit seiner Gewalt. Mehr nicht. Gibt es keinen Staat mehr, gibt es auch keinen Kapitalismus oder Kapitalmarkt. Das Problem der Superreichen wäre damit aus der Welt.
Wie genau man da strategisch hin kommen kann, ist eine andere Debatte.
Und Sie haben natürlich recht, wenn Sie sagen, dass ein ehemaliges Herrschaftssystem Altlasten hinterlassen würde. Ich sehe da zB. die nukleare Verseuchung, Nuklearabfälle, 436 laufende Reaktoren + die bereits Abgestellten, etc.
Solche Probleme erfordern natürlich besondere Maßnahmen an den betroffenen Orten, die nur mit viel Kooperation und Kompetenz gelöst werden können.
Andere Themen wie den sogenannten Klimawandel sehe ich da nicht so problematisch. Anarchie wird sich als ökologischer herausstellen als jedes Herrschaftssystem, da sie nicht auf Raubbau und Ressourcen- = Kapitalwettkampf basieren kann.
Das kapitalistische Herrschaftssystem zB. kann aber ganz offensichtlich nichts zur Lösung der erwähnten Problemen beitragen, denn es erzeugt diese Probleme ursächlich und will sich deswegen ja nicht selber abschaffen, oder? Die Klimakonferenzen zeigen daher seit über 25 Jahren keine positiven Resultate. Und da man bislang keine Idee hatte wie man mit dem Problem Atommüll umgehen und dabei Profite erwirtschaften könnte, wird es auf Kosten der Allgemeinheit auf die lange Bank geschoben und sozialisiert, wie man so schön sagt.
Das waren jetzt nur 2 Beispiele, die zeigen, dass auch eine zukünftige Anarchie seine Probleme haben wird. Wie nicht, bei der Vergangenheit?