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  • van Grunz

mehr als 1000 Beiträge seit 27.12.2007

Empathie / Reden

Ich gehöre zur Generation, die die Anfänge des Internets mitbekommen
hat, und meiner Erfahrung nach ist heutzutage kaum noch oder gar
keine Empathie mehr gefragt. Wenn Mann versucht, empathisch zu sein,
dann bekommt er eine Abfuhr mit den Worten: "Du bist mir zu lieb!"

Auch mit dem "Reden" hapert es oft und an vielen Stellen. Es gibt da
den einen Spruch: "Ein Mann, ein Wort, eine Frau, ein Wörterbuch".
Dies ist zwar nicht grundsätzlich zu verallgemeinern, aber hin &
wieder stimmt es schon. Außerdem kann man mit dem vehementen Versuch
des Redens auch den Anderen nur umso mehr zum Schweigen bringen. Auch
das miteinander reden ist ein Akt, der Fingerspitzengefühl braucht.
Das Reden an sich ist zwar erstrebenswert, aber es kommt auch sehr
auf das "wie" an. Dominante Personen sind nicht gut darin.

Übrigens habe ich ziemlich schnell Online-Dating-Plattformen ebenso
als Massenware wahrgenommen. Sogar vormals normale Chat-Plattformen
wie Spin.de verkommen mehr und mehr zu verhübschten
Mainstream-Kuppel-Plattformen. Auch dort wird Politik gemacht, und
wer nicht ins Raster paßt, der wird gnadenlos rausgemobbt. Ganz zu
schweigen vom Datenschutz. Apps wie Tinder täte ich mir niemals auf
mein Handy laden, weil sich dadurch hervorragend Bewegungsprofile
erstellen und sich mit meinem Verhalten in Sachen Liebe/Sex
verknüpfen lassen.

Was wir allseits verlernt haben, das ist die gegenseitige
Wertschätzung und den Respekt voreinander. Viele Männer suchen nur
noch eine fürs Bett, und auch viele Frauen gerieren sich zwar, auf
Partnersuche zu sein, sind aber letztendlich auch nicht besser, weil
sie andere Signale aussenden. Das "sich verstellen", wie auch im
Artikel gezeigt ("ich spielte die sexuell Unerfahrene"), ist übrigens
das Schlimmste, was man machen kann, wenn man ernsthaft einen Partner
sucht.

Ich für meinen Teil wünsche mir die klassische Bar zurück (die
übrigens den Rädern der Wirtschaft immer mehr zum Opfer fallen), aber
es darf auch gerne eine andere Örtlichkeit sein. Das Resumee meiner
Erfahrung ist, daß man sich grundsätzlich persönlich gegenüber stehen
muß, um einschätzen zu können, ob der andere Mensch nun ein
potentieller Partner ist oder nicht. Auch das sich entwickeln von
Beziehungen über Jahre der Freundschaft scheint es kaum mehr zu
geben.

Der Mensch ist zur Ware geworden, und wenn selbst Frauen das
erkennen, die doch letztendlich entscheiden, wer ihr Partner werden
wird (Männer suchen seltenst aus), dann ist das schon ein deutliches
Zeichen, daß in unserer Gesellschaft etwas schief läuft.

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