Ich poste zwar nicht, aber Jewtuschenkos rhetorische Frage halte auch ich noch für berechtigt. Ich glaube nach wie vor nicht, dass Russen Krieg wollen - warum sollten sie nach drei historischen Großerfahrungen, in denen sie angegriffen wurden und unermessliches Leid erfuhren.
Russland wurde nicht dreimal angegriffen - in allen Fällen hat Russland aktiv die Krise geschürt und erste militärische Schritte unternommen. Russland ist eben kein Unschuldslamm - und war es nie in den letzten 500 Jahren.
1. Weltkrieg
Russland hat als Erster an der deutschen Grenze mobil gemacht, die deutsche Mobilmachung startete erst 1 Woche später - zusammen mit der Kriegserklärung Deutschlands an Russland.
Der deutsche Fehler war hier nicht nur die Mobilmachung durchzuführen, sondern auch den Krieg zu erklären.
Trotz deutscher Kriegserklärung macht das Russland in meinen Augen zum Angreifer. Sie sind dann ja auch gleich - wenn auch wenig erfolgreich - in Ostpreußen einmarschiert.
2. Weltkrieg
Russland (bzw. Sowjetunion) hat gemeinsam mit Deutschland Polen überfallen und danach Estland, Lettland und Litauen annektiert. Dann erfolgte der russische Angriff auf Finnland. Dass Deutschland 2 Jahre später Russland angegriffen hat und einen Vernichtungskrieg gestartet hat ist nicht zu entschuldigen, aber letztendlich war Russland zu diesem Zeitpunkt bereits 2 Jahre in kriegerische Handlungen - auch mit Verbündeten des Deutsche Reiches - verwickelt - es hat daher weder einen Unschuldigen noch einen Unbeteiligten getroffen.
Betrachtet man die russische Geschichte seit Beginn des Zarentums, dann war sie eine Phase ständiger kriegerischer Expansion zu Lasten aller Nachbarn. Früher war Russland nur ungefähr so groß ( https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Russlands#/media/Datei:Muscovy_1390_1525.png )
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Russlands#Zarentum_Russland_(1547%E2%80%931721)
Alle russischen Nachbarn haben schon negative Erfahrungen mit dem russischen Bedürfnis an Expansion gehabt. Und es gibt ja auch die russische Ideologie des Panslawismus, die nicht auf die Integration und kulturelle Selbstbestimmung der Völker setzt, sondern auf eine einheitliche russische Kultur durch Russifizierung ( https://de.wikipedia.org/wiki/Russifizierung ) und damit kulturelle Zerstörung eroberter Völker setzt.
Die russischen Nachbarn sehen seit 25 Jahren wie Russland Kriege gegen einen Nachbarn nach dem Anderen führt, um seine Interessen durchzusetzen.
Daher ist es imho sehr verständlich, dass alle russischen Nachbarn das dringende Bedürfnis haben Schutz bei der NATO zu suchen. Das ist auch kein Angriff auf Russland - auch wenn Russland dies vermutlich so wahrnimmt.
Mir scheint das die Autorin den ideologisch getriebenen Geschichtsunterricht in der DDR nicht ausreichend reflektiert hat - sonst wären ihr solche geschichtliche Fakten nicht entgangen.