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  • bbirke

mehr als 1000 Beiträge seit 22.12.2004

Wasser auf die Mühlen der Zensur?

Eine angebliche Nähe zwischen Videospielen und Militär wurde häufig
von Zensurbefürwortern herangezogen, besonders in "linken" und
"friedensbewegten" Kreisen, die so eine Allianz mit konservativen
Zucht- und Ordnung-Moralaposteln schlossen.

Der Ge-/Missbrauch von Spieletechnologien macht die Firmen auf jeden
Fall moralisch angreifbar. Bei Zensurforderungen gegen "Killerspiele"
ohne realen Bezug wird zu Recht von Pseudomoral gesprochen, weil ja
kein wirklich schädigendes und damit unmoralisches Handeln vorliegt.
Auch, wenn man im "Killerspiel" Menschen mit der Kettensäge zerteilt,
oder wenn man (mir ist noch kein solches Spiel bekannt) Kleinkinder
vergewaltigen und nachher möglichst grausam zu Tode quälen würde, ist
es doch nur das Nachspielen unmoralischer Handlungen und damit eben
nicht wirklich unmoralisch. Dem Zucht- und Ordnung-Geschrei liegt
meist keine wirklich moralische Haltung zu Grunde, sondern es ist nur
ein Inszenieren vermeintlicher "Moral".

Immerhin ist es - noch - ein Dual-Use: die Game-Engine wird für das
Spiel und den militärischen Kampfsimulator nebeneinander verwendet,
so, wie ein Motor einmal für einen Traktor und einmal für einen
Panzer verwendet werden kann. Die Entwicklung geht also vom Spiel hin
zum Militär, das die Darstellungstechnologie der Spiele nutzt, nicht
umgekehrt, wie Spielegegner behaupten, vom Militär zum Spiel, mit dem
Kinder auf Krieg und Töten konditioniert werden sollen. Diese
Entwicklung war schon in den 1990er-Jahren mit "Marine Doom"
absehbar, vielleicht auch schon früher mit "Battlezone". Propaganda-
und Rekrutierungsspiele sind noch die Ausnahme.

Wenn aber Propagandaspiele an Bedeutung gewinnen sollten, dann werden
sie voraussichtlich auf einen "sauberen" Krieg, auf heldenhafte
Soldaten und auf Faszination der Technik setzen. Einiges geht ja
schon in die Richtung. Und die bestehende Zensur, die vor allem das
Abartige und Perverse, Blut, Gedärme und Grausamkeiten verbietet
(Indizierung, §131 StGB) fungiert da sogar als Zuträger, weil dann
eben der sauber geschnittene Krieg nicht mehr zensiert wird, die
völlig realitätsfremden, in einer kriminellen und perversen
Fantasiewelt spielenden Abschlachtspiele dagegen schon!

An "perversen Gewaltspielen", an Sachen wie vor einigen Jahren
"Manhunt", wie "Bulletstorm", an Zombie-Verhackstücken oder auch an
(imaginären) Kinderschändespielen kann das Militär kein Interesse
haben, weil derartige Spiel-Gewalttätigkeiten nicht für die
Wirklichkeit brauchbar sind und auch nicht mental darauf vorbereiten.
Es hängt daher die Befürchtung in der Luft, dass das offensichtliche
Ende der "Killerspiele"-Debatte aus den 2000er-Jahren und die
zunehmende Toleranz gerade gegenüber relativ realistischen
Kriegsspielen nicht nur auf Aufklärung, Vernunft und der zunehmenden
Unattraktivität dieser inszenierten Pseudomoral zurück zu führen
sind, sondern auch darauf, dass Computerspiel-Technologien auch für
wirklich ethisch bedenkliche Anwendungen sehr attraktiv geworden sind
und vielleicht auch deshalb in der Politik der Ruf nach Zensur
schwindet. Das wäre zwar eine gute Entwicklung, aber aus gar nicht
guten Motiven.

Gegenüber Militärsimulatoren sind mir eindeutig Computerspiele lieber
- und wer will, soll ein Recht drauf haben -, wo man Zombies mit der
Kettensäge zerstückelt, Leuten mit dem Baseballschläger den Kopf
weghaut oder wo, wenn jemand Spaß dran hat, simulierte "Kinder" aus
Bits und Bytes vergewaltigt und abgemurkst werden.

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