Gehirnstrukturen und Geschwindigkeit sowie Vernetzungsgrad der Neuronen unterscheiden sich von Mensch zu Mensch, ebenso wie die Taktraten, Speicherkapazität, Speichergeschwindigkeit und Komplexität von verschiedenen CPU.
Wobei man davon ausgehen muss, dass das Gehirn nicht nur eine CPU ist, sondern jedes Neuron ist eine einzelne CPU mit eigenem Speicher und eigenem Logikprogramm, vernetzt mit sehr vielen anderen solchen CPU. Das Hirn ist also ein supermassiv parallel rechnender Supercomputer mit einer Komplexität, wie er nicht mal annähernd von den größten heutigen Supercomps erreicht wird - 10^11 Neuronen, gegen 10^6 Kerne in den Superrechnern, die allerdings um einen Faktor bis 10^7 schneller sind, aber nicht so stark vernetzt arbeiten und mit schlecht optimierten Programmen (zu viel Overhead).
Wäre mal interessant, die Petaflops für ein Gehirn auszurechnen.
Die Unterschiede von Mensch zu Mensch betreffen jetzt sowohl die Taktrate (was sich leicht in untrainierten Reaktionszeiten bei einfachen Logikaufgaben zeigt) als auch die Vernetzung der Neuronen und die Speicherkapazität sowie Schnelligkeit der Speicherung.
Diese Unterschiede führen dazu, daß ein Hochbegabter eine Aufgabe sowohl in kürzerer Zeit löst, sich die Lösung bzw. den Lösungsweg als Prozedur schneller merkt und dieses Wissen beim nächsten Mal auch schneller abrufen kann. Angenommen, er kann dies 1,5 mal schneller als jemand anders (konservative Schätzung, es gibt höhere Werte ), hat er in einem Jahr 1,5 mal mehr Wissen erworben als jemand anders, in 10 Jahren dann 15 mal soviel (wenn er nicht durch andere z.B. soziale Faktoren ausgebremst wird). Das macht einen nicht nur kleinen Unterschied bei der beruflichen Produktivität in vielen nicht monotonen Arbeitsbereichen aus.
Und diesen Unterschied kann ein Normalo ausgleichen, wenn er 1,5 mal so viel Zeit in den Wissenserwerb steckt, also statt 10 Stunden täglicher produktiver Zeit 15 Stunden. Ja das geht noch. Es geht schon nicht mehr bei einem Faktor 2.
Ein weiterer Punkt ist die Komplexität. Komplexes Denken besteht im Zusammenführen mehrerer eigentlich logisch oder inhaltlich-strukturell entfernter Wissensgebiete. Bei einer nicht so starken Vernetzung der Gehirnstrukturen sollte dies nicht so einfach sein, ebenso, wenn diese Wissensgebiete einfach noch nicht erlernt wurden.
In Summa würde ich meinen, daß Hochbegabung oberhalb eines bestimmten Levels ohne entsprechende anatomische Besonderheiten des Gehirns eigentlich nicht zu erklären ist und auch nicht erlernt werden kann.
Eine ganz andere (nämlich eine soziale) Frage ist jedoch, ob die Hochbegabung als POTENTIAL auch ausgeschöpft wird, also sich auch in höherer Leistung niederschlägt. Leistungsverweigerung resultierend aus Langeweile oder Mobbing sind nicht so selten wie man meint. Schulpsychologen können da ein Lied singen.
Wer sich dafür interessiert, kann sich bei der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind auf dghk.de kundig machen.
PS: Die erhöhte Funktionalität kann sich auch auf Teilbereiche des Gehirns erstrecken, das ist eine der Erklärungen für die Inselbegabungen (Savants, und dgl.)
Und um es auch übergreifend einzuordnen: anatomisch unterscheiden sich alle Menschen in allen Bereichen mehr oder weniger, man vergleiche Spitzensportler mit ihren nicht allein durch Training erzielbaren körperlichen Leistungsvoraussetzungen ( = Potential). Jemand mit relativ kurzen Unter- und Oberschenkelknochen wird sich wohl in keinem Fall als Sprinter eignen, aber womöglich wird aus ihm ein guter Ringer oder Gewichtheber. Warum man diese Unterschiede Gehirnen unbedingt nicht zugestehen will, wie es der Artikelschreiber tut, erschließt sich mir nicht. Kann ich mir eigentlich nur mit einem ungesund hohen Grad ideologischer Voreingenommenheit und mangelnder Sachkunde erklären. Aber vielleicht gibt es ja noch andere Gründe?
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.11.2019 18:04).