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  • Mathematiker

mehr als 1000 Beiträge seit 22.02.2014

Nein, die "Kreativen" sind nicht hochbegabt

Der Artikel ist doch ziemlich erheiternd, denn im Grunde scheint der Autor doch sich seinen Neid von der Seele zu schreiben. Gerne sehen sich die sog. "Kreativen" doch als Krone der Schöpfung und qualifizieren die Anderen als primitive Rädchen im Räderwerk ab. Besonders erheiternd ist dabei folgende Aufstellung:

Die folgenden sieben Aspekte werden jedoch nicht abgefragt in solchen Tests, obwohl sie von hoher Wichtigkeit sind für das eigene Leben:

Er will also folgendes, womöglich noch an Kindern, testen:

Wie man ein historisches Ereignis souverän analysiert und seine Bedeutung auf die heutige Zeit überträgt.

Da ist ja Rainer Willkür Tür und Tor geöffnet. Wer definiert souverän? Wer definiert welche Aspekte eines solchen Ereignisses relevant sind und welche Übertragung gelungen? Da schlagen sich doch heute die Historiker bei fast jedem Thema die Köpfe ein.

Wie man seinen Körper und Geist in Kombination gut einsetzt, um Dinge zu kreieren.

Genau. Das lernen die Kinder ja schließlich schon im Kindergarten, oder? Wenn der Horst dann das Hämmerchen einsetzt und damit das Spielzeug-Schrottauto zu kreieren, dann hat er es sicher gut eingesetzt, wenn er sich nicht dabei auf die Finger hat oder? Das ist dann unheimlich wichtig für die Zukunft. Oder meint der Autor ganz willkürlich irgend etwas anders? Um es einmal nüchtern auszudrücken: Die wesentlichen Dinge werden heute mit der Büchse kreiert. Dafür reicht es aus, auf dem Hackbrett nicht allzu oft auszurutschen und Maus und Co. umgehen zu können.

Wie man einen brillanten Satz formuliert (nicht nur korrekt, sondern kreativ).

Also mich interessiert mehr der Inhalt. Kreativ kann die Büchse auch besser.

Ob man in der Lage ist, eigene Verhaltensweisen bewusst zu steuern, die einen dazu befähigen, in friedlicher Koexistenz mit anderen Menschen zu leben.

So etwas lernt man auch spätestens im Kindergarten, aber in der Regel mit der banalen Erkenntnis das dazu immer zwei gehören müssen, die das Wollen.

Ob man versteht, was die psychologischen Beweggründe eines Menschen sind (einschließlich einem selbst).

Na hoppla. Da verhebt sich unser Autor aber kräftig. Es gibt Menschen das das haben, was man früher einmal das zweite Gesicht nannte, also anderen Menschen in die Seele schauen können. Aber bei jedem bekloppten Vogel die Beweggründe verstehen? Nebenbei ist diese Gabe, insbesondere in der Kindheit, auch eine Bürde. Und gerade bei Kindern dies zu fordern zu wollen, ist schon kräftig neben der Spur.

Ob man in der Lage ist, sich Gedanken zu machen über den Sinn des Lebens und die eigenen Ziele im Leben.

Keine Sorge, dass schaffen sogar Hauptschüler. Die sind ja die ersten, die ihre Ziele neu justieren müssen, während die Gymnasiasten, bei Abiturfähigkeit und reichem Elternhaus, noch sehr lange träumen dürfen.

Wie man Umstände und Systeme konstruktiv infrage stellt, um zu Schlussfolgerungen zu kommen, welche Rolle man in ihnen spielen kann und möchte.

Auch Traumtänzerei vom feinsten. Sollen die Kinderchen da Mal das System Schule konstruktiv in Frage stellen? Wer definiert hier "konstruktiv"?

IQ-Tests taugen nur um Defizite, also eine stark negative Abweichung von der Norm zu erkennen. Davon die Tests wie eine Sportart oder gar als ein unveränderliches Maß zu betrachten, halte ich nichts. Gerade bei Kindern wird dies der kindlichen Entwicklung überhaupt nicht gerecht. Und das ist das wirkliche Problem unseres Systems. Es sollte jeder in seiner persönlichen Entwicklung optimal unterstützt werden. Selbst die Entwicklungspfade sind völlig unterschiedlich. Wo das eine Kind zu einem Zeitpunkt sich gerade für diese Fähigkeit interessiert und gut ist, ist ein anderes Kind uninteresiert, überfordert und schlecht. Aber solche Defizite bügeln sich oft von alleine zu einem anderen Zeitpunkt aus.

Hochbegabung? Ich hatte das Glück einige hochbegabte Menschen kennenzulernen. Leute die einen ganzen Quantensprung besser waren als der Rest. Wie Düsenjäger mit Überschallgeschwindigkeit im Vergeich zu Propellerflugzeugen. Die sind aber sehr selten. Es äuft schon unter Glück, wenn in einem Uni-Jahrgang einer dabei ist. (Bei mir waren es damals sogar 3.) Wenn man dass auf die Bevölkerung herunterbricht, was bleibt da für einen Jahrgang übrig?

Die Behandlung dieses Themas hat weniger mit irgendwelchen neoliberalen Ideologien zu tun, als mit der banalen Suche nach Superhelden, die irgendwie die ganzen Probleme lösen sollen, für welche die "Normalen" zu faul sind.

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