"Reflexartig alles zu bezweifeln, was "von oben" kommt, ist töricht und infantil."
Es ist durchaus rational, Aussagen eines notorischen Lügners reflexartig zu bezweifeln. Aber natürlich ist es sinnvoll, sich nicht allein auf diesen Reflex zu verlassen, sondern die Aussage trotzdem inhaltlich zu überprüfen.
Aber statt ein weiteres Mal alle Falschaussagen von RKI und Politikern wiederzukäuen, möchte ich lieber auf die aktuellsten Beispiele eingehen:
Am 31. Juli dieses Jahres gab die amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC ein Statement heraus, demzufolge Geimpfte eine ähnlich hohe Viruslast wie Ungeimpfte haben können und daher auch für Geimpfte zusätzliche Schutzmaßnahen wie Masken notwendig seien. Die NY Times hatte schon zuvor über diese neue Einschätzung der CDC berichtet, eine kritische Überprüfung ergab, dass die Aussage der CDC von aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft gestützt war.
Das RKI dagegen behauptete noch bis Anfang November, Geimpfte spielten für das Pandemiegeschehen keine Rolle. Eine Einschätzung, die anzuzweifeln schon deswegen als rational gelten kann, weil das RKI sie vor Kurzem geändert hat. Was bleibt ist die Verbreitung von Fake News durch das RKI über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten und eine Politik, die auf Basis dieser Fake News agiert hat, z.B. 2G Veranstaltungen ohne jede Beschränkung mit tausenden von Menschen selbst in Innenräumen zugelassen hat, ja zulassen musste, weil man Menschen, die für das Pandemiegeschehen keine Rolle spielen, nicht ihre Grundrechte nehmen darf.
Noch immer gibt es viele Menschen, die im Einklang mit den mittlerweile korrigierten Fake News des RKI handeln, wie z.B. mein Nachbar, dessen Impfschutz nicht mehr gut ist, da er wegen der Pflege seiner Mutter (Ü80 und schwer vorerkrankt) schon sehr früh geimpft wurde. Er ist unlogischerweise sowohl der Überzeugung, dass jeder Kontakt zu Ungeimpften extrem gefährlich sei, als auch, dass von Geimpften keinerlei Gefahr ausgehe und daher jede Art von Schutzmaßnahmen beim Kontakt mit seiner Mutter überflüssig seien. Selbstverständlich sind alle Versuche, ihn eines Besseren zu belehren, zum Scheitern verurteilt, da er jeden, der den Fake News des RKI widerspricht, für einen dieser gefährlichen Querdenker hält, über die so viel berichtet wird.
Die Folgen der Verbreitung dieser speziellen Falschinformation durch offizielle Stellen liegen auf der Hand, viele vermeidbare Infektionen und auch Todesfälle, verursacht durch Menschen, die dem RKI geglaubt haben, die sich aber (wie mein Nachbar) mit Sicherheit vorsichtiger verhalten hätten, wären sie nur besser informiert worden!
Eine anderes Beispiel, in dem Fall eher für orwellsches Doppeldenk als für eine schlichte Falschaussage, hat Herr Habeck vor ca. einer Woche in einer Talkshow geliefert, als er versuchte, 2G zu rechtfertigen und dabei kläglich scheiterte. Immerhin hat er nicht wie üblich den Fremdschutz als Begründung angeführt. Da er auch die Abschaffung kostenfreier Tests als Fehler bezeichnete, war ihm möglicherweise sogar bewusst, dass ein aktueller Test zum Fremdschutz keinesfalls schlechter als eine Impfung ist.
Stattdessen sagte er, dass diejenigen, die durch die Verläufe der Pandemie weniger gefährdet seien, mehr Freiheiten bekommen werden. Natürlich ist das Risiko eines gesunden Zwanzigjährigen durch Covid weit niedriger als das eines gesunden Achtzigjährigen. In England während der ersten Welle war das Risiko des Zwanzigjährigen an Covid zu sterben laut der Uni Oxford um einen Faktor in der Größenordnung von 1000 niedriger und auch das wegen Covid im Krankenhaus zu landen noch um etwa den Faktor 100. Und das obwohl es damals kaum Einschränkungen gab, die Jüngeren also wesentlich mehr riskante Kontakte als die Älteren hatten.
https://www.qcovid.org/Calculation
Wäre diese Aussage Habecks also als Begründung für die Diskriminierung alter Menschen gefallen, müsste man sie wohl zumindest ernst nehmen und versuchen zu erklären, warum Altersdiskriminierung trotzdem keine gute Idee ist. Aber als Begründung für 2G, also die Diskriminierung der überwiegend jungen Ungeimpften, ist sie offensichtlich vollkommen ungeeignet.
Eine noch nicht zu alte Impfung senkt das Risiko mit Covid im Krankenhaus zu landen oder zu sterben laut Professor Kekule im Schnitt um etwa den Faktor 10, bei dem 80 Jährigen weniger (ca.5), bei Menschen mittleren Alters dafür etwas mehr. Schon eine Generation Altersunterschied reicht also in jeder Hinsicht, um gemäß dem Argument Habecks dem jüngeren Ungeimpften mehr Freiheiten als dem älteren Geimpften zuzugestehen.
Der Begriff "Herdendummheit" für das Übernehmen von solchem Unsinn scheint mir aber generell ein unglücklicher Begriff zu sein, denn bei der Mehrheit scheint mir schlicht der Mangel an Zeit und/oder Interesse, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, und nicht Dummheit die Ursache zu sein.
Aber wenn man diesen Begriff schon verwendet, dann doch bitte für die große Herde derer, die wie der Autor ohne groß nachzudenken die Desinformation staatlicher Stellen schluckt, und nicht für die kleine Gruppe derer, die die Desinformation durchaus bemerkt, aber den Fehler macht, als Erklärung irgendwelche wenig plausiblen Verschwörungstheorien heranzuziehen!
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (14.11.2021 09:14).