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  • einname

mehr als 1000 Beiträge seit 23.09.2002

Re: Richtigstellung und Nachfrage

Wegen des 10k-Limits mußte ich ein bißchen kürzen, wenn dabei etwas
unter den Tisch gefallen sein sollte, bitte wieder aufbringen.

Joachim Durchholz schrieb am 10. März 2010 10:25

> > Hier bist Du die Namen der Organisationen leider schuldig geblieben.
> > Welche genau haben das Gedenken an Sinti und Roma blockiert?

> Hab ich übersehen.
> Es gab da einige Äußerungen vom Zentralrat der Juden mit Bezug auf
> das Berliner Stelenfeld, die mir nicht gefallen haben.
Ist natürlich so sehr vage, Du kannst diese Äußerungen anscheinend
nicht mal wiedergeben, geschweige denn zitieren und eine Quelle
angeben. Deshalb bleibe ich dabei, dass das so nicht stimmt.

Weiter gebe ich zu bedenken, dass Deine Ursprungsaussage war
"Interessanterweise blockieren jüdische Gedächtnisorganisationen gern
[...]", dafür müßtest Du mehrere Organisationen und mehrere Fälle von
Blockade nennen können.

> > Von welchen Mahnmalen redest Du genau? An welchen Orten? Wo kam das
> > vor, dass jemand beschlossen hat, es darf nur eins geben?

> Wenn die Politik sagt, ok, wir machen in Berlin eine Gedenkstätte für
> die Opfer der Nazis, und der Zentralrat sagt, das muss aber eins nur
> für die jüdischen Opfer sein, dann finde ich das befremdlich.
So war das aber historisch nicht. Die Gedenkstätte wurde vom Verein
um Lea Rosh gefordert, und zwar als Gedenkstätte für die Ermordung
der europäischen Juden. Dann gab es aus der Politik Stimmen, es solle
doch eine Gedenkstätte für alle Opfer werden, und dies wurde von den
jüdischen Organisationen abgelehnt. Wie ich schon sagte, wurde von
jüdischer Seite dabei betont, dass auch die Sinti und Roma ihre
Gedenkstätte an zentraler Stelle bekommen sollten.

> Außerdem schimpfen einige meiner Freunde sehr über die jüdischen
> Organisationen, weil es diese Sorte Verhalten wohl auch bei weniger
> auffälligen Anlässen immer wieder gibt. 
Ich glaube Dir, dass Du derartige Bemerkungen nicht aus böser Absicht
machst, aber das ändert nichts an ihrer Fragwürdigkeit: du wirst
nicht konkret, was genau 'diese Sorte Verhalten' ausmacht, und es
gibt keine Möglichkeit, Deine Aussagen zu prüfen. Mir ist ehrlich
gesagt noch nicht einmal ganz klar, was genau Du den jüdischen
Organisationen wirklich vorwirfst (denn 'blockieren' kann es ja nicht
sein). Mir scheint es fast, als würdest Du ihnen vorwerfen, dass sie
sich für die Interessen ihrer Mitglieder einsetzen.

> > > Ich kann auch nur wiedergeben, was ich zum Thema so höre.
> > Du kannst Deine Behauptung jetzt zurücknehmen, wenn Du merkst, dass
> > das, was du "so gehört" hast, nicht richtig war.

> Eine Einzelaussage von Bubis beweist zur allgemeinen Haltung des
> Zentralrats gar nichts. (Wir werden das Gesamtbild hier nicht
> auseinanderdröseln können, dafür reicht die Zeit und das 10k-Limit
> nicht.)
Doch, das tut sie. Genau so wie z.B. eine 'Einzelaussage' von Merkel
viel zur Haltung der Regierung sagt. Bubis war zu dieser Zeit ja
nicht irgendwer, sondern Präsident des Zentralrats. Es mag im
Zentralrat der Juden andere Positionen geben, aber da wärst Du jetzt
in der Pflicht, etwas zu bringen. Und der Verweis auf Zeit und Platz
klingt schon sehr nach Ausrede, das mußt Du zugeben. Ich habe eher
den Eindruck, es gibt einfach keine Quellen, die Du bringen könntest,
außer Deinen Freunden.

> > Abgesehen davon,
> > dass man gerade mit pauschalisierten Negativurteilen sehr vorsichtig
> > sein und sich sorgfältig informieren sollte, bevor man sie selbst
> > weiter verbreitet.

> Warum soll ich mich da mehr zurückhalten als die TP-Autoren...
An andere, z.B. den Zentralrat der Juden stellst Du sehr hohe
moralische Ansprüche, bei Dir scheinst Du da etwas großzügiger zu
sein. Mißt Du Deine eigene Ethik nicht an der Wirkung Deines
Handelns?

> > > > Dieser Standpunkt ist mit "blockieren [...] das Gedenken an ermordete
> > > > Sinti und Roma" sicherlich nicht korrekt wiedergegeben.
> > > Der Standpunkt mag ein anderer sein, aber ich messe da die Ethik der
> > > jüdischen Organisationen an den Wirkungen ihres Handelns.
> > Du findest, dass Mahnmale für Deutsche und nicht für Juden sind, und
> > gibst gleichzeitig den Juden dafür die Schuld, dass die Deutschen es
> > nicht schaffen, der ermordeten Sinti und Roma angemessen zu gedenken?

> Das ist natürlich auch ein Versagen der deutschen Politik.
> Aber von denen erwarte ich in dieser Hinsicht auch nicht viel, die
> sind darauf angewiesen, ihr Mäntelchen nach dem Wind zu hängen, sonst
> werden sie nicht wiedergewählt.
Hmm, ok, die deutsche Politik braucht sich auch nicht an den
Wirkungen ihres Handelns messen zu lasen, aber die Juden. Fällt Dir
was auf?

> > Es gibt doch auch den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma,
> > die können sich sehr gut selbst vertreten.

> Offenbar haben sie es nicht so gut geschafft.
Da gebe ich Dir recht, und das bedauere ich genau so wie Du.

> Und dann haben sie mit Israel und einigen US-Organisationen auch
> finanzstarke und einflussreiche Verbündete.
> Die Sinti und Roma haben weder das eine noch das andere.
Wahrscheinlich merkst Du es wirklich selbst nicht, aber Du sitzt hier
genau den klassischen Stereotypen auf. Schau Dir noch genau mal an,
was Du da schreibst, "finanzstarke und einflussreiche Verbündete".
Wenn Du nur 'einflussreich' geschrieben hättest, dann hätte ich das
sogar noch halbwegs verstanden. Aber warum 'finanzstark'? Wie meinst
Du denn, haben die Verbündeten der deutschen Juden ihre Finanzstärke
zur Durchsetzung jüdischer Interessen eingesetzt?

Wahrscheinlich denkst Du jetzt wieder, ich drehe Dir das Wort im
Munde um, und der Vorwurf ist nicht ganz falsch. Ich tue das, weil
ich denke, dass Floskeln wie 'finanzstark und einflussreich'
antisemitische Vorurteile transportieren, und zwar um so wirksamer,
wenn sie von nicht antisemitischen Menschen benutzt werden.

> Ich gönne dem Zentralrat der Juden seinen Erfolg bei der Lobbyarbeit
> durchaus, und es ist wichtig und richtig, dass die Nazigräuel nicht
> unter den Teppich gekehrt werden.
> Ich denke nur, er hatte Vorteile, die er nicht selbst erarbeitet hat,
> und ist deshalb auf Kosten Anderer erfolgreich. Das mag für ein
> Wirtschaftsunternehmen normal sein, aber das der Zentralrat der Juden
> moralische Ansprüche erhebt, muss er sich auch an einer moralischen
> Latte messen lassen, und da ist er - in *dieser* Hinsicht - ein wenig
> kurz geraten.
Ich kann es eigentlich nur wiederholen: der Zentralrat der Juden ist
die Interessenvertretung *der Juden*. Niemand erwartet vom Bund der
Steuerzahler, dass er sich für Hartz-IV-Empfänger einsetzt. Keiner
besteht darauf, der ADAC solle die Fahrradfahrer fördern. Du
verlangst hier von den Juden, was Du von keiner anderen Institution
verlangst, und das mit einem sehr fragwürdigen Argument. Hat sich der
ADAC seine Vorteile gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmergruppen
selbst erarbeitet?

Folgen könnte ich Dir, wenn Du von den Deutschen verlangen würdest,
dass sie die anderen Gruppen wichtiger nehmen und auf eine Balance zu
den Juden achten sollten. Aber warum sind daran die Juden schuld? Ich
verstehe es einfach nicht.

> > Nenn mir einen einzigen Fall, wo Deine
> > Vorwürfe (die du sehr pauschal vorgebracht hast) konkret zutreffen,
> > d.h., wo eine jüdische Organisation das Gedenken an Sinti und Roma
> > blockiert hat, dann nehme ich diese Bemerkung sofort zurück und
> > entschuldige mich. Es würde mich aber ehrlich überraschen, wenn Dir
> > das gelingt.

> Stelenfeld.
Selbst zu diesem in der Öffentlichkeit weit beachteten Fall kannst Du
keine einzige Quelle bringen, die Deine Behauptung stützt. Das merkst
Du doch selbst, dass Du da auf extrem dünnem Eis stehst.

> > Aber ich
> > finde, es ist schon ein sehr hohes Maß an Arroganz erforderlich, um
> > als Deutscher den Juden vorschreiben zu wollen, auf welche Weise sie
> > ihrer von den Nazis umgebrachten Opfer gedenken sollen.

> Es ist ein hohes Maß an Arroganz erforderlich, als Jude den Deutschen
> und allen anderen Opfergruppen vorschreiben zu wollen, dass die
> wichtigsten Gedenkstätten für die Juden zu sein haben.
> Egal, ob das Argument von den Juden oder von anderen kommt.
Wenn sie das täten, ja. Aber dafür fehlen immer noch die Nachweise
deinerseits.

> > Ein Großteil der jüdischen Opfer hat kein Grab und es
> > ist von sehr vielen unbekannt, wo sie genau umgekommen sind. Die
> > Mahnmale sind daher auch Orte des Gedenkens für diese Opfer.

> Na, gilt das etwa nicht für die anderen Opfergruppen?
Ja, und deshalb bin ich mit dir einer Meinung, dass auch
Gedenkstätten für Sinti und Roma und andere Opfergruppen entstehen
müssen. Es müssen aber nicht unbedingt allgemeine Gedenkstätten für
alle Nazi-Opfer sein.

> > Klar, man kann sich auch ein Mahnmal von Deutschen für Deutsche
> > vorstellen, das keine Rücksicht auf die Be- und Empfindlichkeiten der
> > Opfergruppen nimmt. Aber wäre das keine Ausgrenzung?

> So ein Mahnmal ist natürlich auch für die Opfer wichtig. Ich habe
> eigentlich auch nicht gemeint, dass es nur für die Deutschen dienen
> soll, das war falsch formuliert.
Dann sind wir uns in diesem Punkt einig.

> Aber "und Juden" ist eben das, was ich kritisiere. Warum nicht "für
> Nachfahren der Täter und Opfer"?
Wie gesagt, es sollte Gedenkstätten für alle Opfer geben, das ist
keine Frage. Und ich bin mit Dir auch einer Meinung, dass viele
Opfergruppen bis jetzt zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben. Im
Unterschied zu Dir halte ich es nicht für Ausgrenzung, wenn die
Opfergruppen je eigene Mahnmale erhalten. Das ist aber auch schon der
einzige Unterschied in der Sachfrage Mahnmale.

Worum es mir eigentlich geht ist Dein Umgang mit der Haltung des
Zentralrats der Juden in dieser Frage, und da bleibt meine Kritik bis
jetzt in vollem Umfang bestehen.

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