Utuhengal schrieb am 8. März 2010 10:09
> Das ist ein Aspekt, der zweite kommt daher, dass den Leuten nach
> der Wende gesagt wurde "Ihr seid Scheiße, und alles, was die Roten
> Euch erzählt haben auch, einschließlich Nächstenliebe", was die
> einfacher gestrickten Typen ernstnahmen. Das ging soweit, dass
> den Beamten auf den Sozialämtern im Osten ziemlich hart durch
> Belehrung und Supervision beigebracht werden musste, dass die
> Sozialhilfeempfänger nicht existenzunberechtigter Abschaum,
> sondern bedürftige Menschen sind.
Das lag aber auch daran, daß einem DDR-Bürger die Abneigung gegen
„Asoziale“ gewissermaßen eingeimpft wurde. Für das Asylrecht und
gegen Naziübergriffe demonstrieren, aber auf Assis schimpfen - das
ging für manche durchaus zusammen.
> Selbst unter gebildeteren
> Schichten sind mir nach der Wende Äußerungen der Art "wieso darf
> der existieren, der leistet doch nix?" aufgefallen (die eigene Oma
> mit ihrer Rente war dabei natürlich immer ausgenommen).
Das ist mir sogar noch Jahre später immer wieder passiert. Zum Glück
nicht im engeren Familien- und Freundeskreis, da wäre sonst so manche
Fete gründlich ins Wasser gefallen.
> In vertraulichen Gesprächen hört man immer mal wieder (besonders
> von älteren Leuten) eine gewisse Abneigung oder Skepsis gegenüber
> Juden, was ich auf die jahrhundertelange Indoktrination
> ("Gottesmörder") zurückführe (das wurde ja offiziell erst mit dem
> 2. VK abgeschafft, was erst ein paar Jahrzehnte her ist), das ist
> aber eher eine milde Ausprägung des religiösen Antisemitismus, wie
> er vor ca. 1900 dominierte.
Auch die einseitige Parteinahme der DDR im Nahostkonflikt hatte
Nachwirkungen. Immer wieder hörte man: „Wie können die sowas machen,
die müßten doch selber wissen, wie das ist!“ Ich habe ja auch mal so
schlicht gedacht, aber da war ich noch klein. ;-)
> Der danach erfundene rassische
> Antisemitismus (der gebraucht wurde, um die getauften Juden auch
> diskriminieren und verfolgen zu können) kommt zumindest in den
> Kreisen, in denen ich verkehre (die sind stark eingeschränkt, da
> ich weder trinkfest noch nahkampftauglich bin) nicht vor.
Kann ich bestätigen, einschließlich der Einschränkungen. ;-)
> > aus. Das sehen wir am wohl bekanntesten aller ehemals als »links«
> > ausgeflaggten deutschen Wendehälse, Horst Mahler.
>
> Der hat allerdings hinterher behauptet, schon damals braun gewesen
> zu sein. Ich halte das nicht für ganz gelogen.
Schwer zu sagen. Die Tiraden der SDS-Führer kommen uns heute ziemlich
nationalistisch vor, da ist zwischen Mahler, Rabehl und Dutschke kaum
ein Unterschied, aber die Zeiten haben sich ja auch geändert. Reden
und Artikel von Kurt Schumacher kann man schließlich auch nicht mehr
lesen, ohne daß einem schlecht wird (Der hat sogar auf die Gültigkeit
des Münchener Abkommens gepocht!), aber man muß ihn in seine Zeit
stellen.
> Israelkritik ist an sich
> durchaus sauber vom Antisemitismus getrennt, nur gibt es eine
> große Masse Antisemiten, die sich nicht offen aus den Löchern
> trauen und bei jeder Gelegenheit mitjaulen.
Und damit schließt sich der Bogen zu Islamkritik und Moslemhaß.
> Das ist ein Aspekt, der zweite kommt daher, dass den Leuten nach
> der Wende gesagt wurde "Ihr seid Scheiße, und alles, was die Roten
> Euch erzählt haben auch, einschließlich Nächstenliebe", was die
> einfacher gestrickten Typen ernstnahmen. Das ging soweit, dass
> den Beamten auf den Sozialämtern im Osten ziemlich hart durch
> Belehrung und Supervision beigebracht werden musste, dass die
> Sozialhilfeempfänger nicht existenzunberechtigter Abschaum,
> sondern bedürftige Menschen sind.
Das lag aber auch daran, daß einem DDR-Bürger die Abneigung gegen
„Asoziale“ gewissermaßen eingeimpft wurde. Für das Asylrecht und
gegen Naziübergriffe demonstrieren, aber auf Assis schimpfen - das
ging für manche durchaus zusammen.
> Selbst unter gebildeteren
> Schichten sind mir nach der Wende Äußerungen der Art "wieso darf
> der existieren, der leistet doch nix?" aufgefallen (die eigene Oma
> mit ihrer Rente war dabei natürlich immer ausgenommen).
Das ist mir sogar noch Jahre später immer wieder passiert. Zum Glück
nicht im engeren Familien- und Freundeskreis, da wäre sonst so manche
Fete gründlich ins Wasser gefallen.
> In vertraulichen Gesprächen hört man immer mal wieder (besonders
> von älteren Leuten) eine gewisse Abneigung oder Skepsis gegenüber
> Juden, was ich auf die jahrhundertelange Indoktrination
> ("Gottesmörder") zurückführe (das wurde ja offiziell erst mit dem
> 2. VK abgeschafft, was erst ein paar Jahrzehnte her ist), das ist
> aber eher eine milde Ausprägung des religiösen Antisemitismus, wie
> er vor ca. 1900 dominierte.
Auch die einseitige Parteinahme der DDR im Nahostkonflikt hatte
Nachwirkungen. Immer wieder hörte man: „Wie können die sowas machen,
die müßten doch selber wissen, wie das ist!“ Ich habe ja auch mal so
schlicht gedacht, aber da war ich noch klein. ;-)
> Der danach erfundene rassische
> Antisemitismus (der gebraucht wurde, um die getauften Juden auch
> diskriminieren und verfolgen zu können) kommt zumindest in den
> Kreisen, in denen ich verkehre (die sind stark eingeschränkt, da
> ich weder trinkfest noch nahkampftauglich bin) nicht vor.
Kann ich bestätigen, einschließlich der Einschränkungen. ;-)
> > aus. Das sehen wir am wohl bekanntesten aller ehemals als »links«
> > ausgeflaggten deutschen Wendehälse, Horst Mahler.
>
> Der hat allerdings hinterher behauptet, schon damals braun gewesen
> zu sein. Ich halte das nicht für ganz gelogen.
Schwer zu sagen. Die Tiraden der SDS-Führer kommen uns heute ziemlich
nationalistisch vor, da ist zwischen Mahler, Rabehl und Dutschke kaum
ein Unterschied, aber die Zeiten haben sich ja auch geändert. Reden
und Artikel von Kurt Schumacher kann man schließlich auch nicht mehr
lesen, ohne daß einem schlecht wird (Der hat sogar auf die Gültigkeit
des Münchener Abkommens gepocht!), aber man muß ihn in seine Zeit
stellen.
> Israelkritik ist an sich
> durchaus sauber vom Antisemitismus getrennt, nur gibt es eine
> große Masse Antisemiten, die sich nicht offen aus den Löchern
> trauen und bei jeder Gelegenheit mitjaulen.
Und damit schließt sich der Bogen zu Islamkritik und Moslemhaß.