Hängen geblieben bin ich am Kapitel "Der Zweck der Selbstjustiz".
Zitat des Artikels:
"Zum Zwecke des Funktionierens solcher Selbstjustiz sind die – an sich längst überkommenen – moralischen Vorstellungen der letzten Jahrhunderte konserviert worden, um sie im Zweifelsfalle gegen Delinquenten im eigenen Land oder ungern gesehene Staatsoberhäupter anderer Länder anzuwenden – man ahnt wohl bis jetzt nicht, wie viel Stabilisierung und Legitimierung die Klassenherrschaft durch solche etwa religiöse Moral immer noch erfährt."
Zweifellos, mit diesem Absatz fängt der Autor gut an, begründet anhand von Beispielen, doch dann zerschlägt er dieses Fundament im nachfolgenden Absatz:
Zitat des Artikels:
"Der Vorwurf, jemand verbreite ein "Kreml-Narrativ", richtet sich nicht nur gegen den russischen Präsidenten, sondern auch gegen alle, die hierzulande andere Meinungen als die Bundesregierung vertreten: Diese Unterstellung von Lügen bei gleichzeitiger Betonung der eigenen Rechtschaffenheit hat das Prinzip der Verschwörung beerbt."
--- Narrative ---, der Autor hat damit eines der wichtigsten Probleme innerhalb der menschlichen Kommunikation in der Hand und - wirft es einfach fort ...
Es erfolgt keine Problembehandlung, im Gegenteil, der politische Graben wird noch tiefer ausgehoben: "Diese Unterstellung von Lügen bei gleichzeitiger Betonung der eigenen Rechtschaffenheit hat das Prinzip der Verschwörung beerbt."
Konfliktlösung macht so keine Fortschritte.
Wie könnte des besser laufen? Zum Beispiel durch eine allgemeingültige Definition des Begriffes, die in den Artikel eingebunden wird:
"Ein Narrativ ist etwas, was man sich zu einem bestimmten Thema erzählt. Ob das Erzählte dann den Tatsachen entspricht oder ob bewusst auch interessengeleitete Versatzstücke verwendet werden, ist nicht immer sofort zu erkennen und nur durch ein Hinterfragen zu klären."
(Quelle: https://medienwelten.ekz.de/product?id=pim:5c15c5c9352df300013a727e)
Wer ein Narrativ hört oder liest, wird womöglich zum Suchenden.
Wer ein Narrativ als Meinung äußert, hat das Suchen aufgegeben.
Tatsächliche Ereignisse nachzuzeichnen und mit darauf folgender Wertung der Ereignisse die eigene Meinung zu begründen, wäre die Basis einer konstruktiven Diskussion, die möglicherweise zu einer Konfliktlösung führt.
Ist das zu viel erwartet? Auf diese Weise würden sich alle Narrative dieser Welt in Luft auflösen - und die menschlichen Konflikte möglicherweise auch.