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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Lauf der Dinge

Die Autorin schrammt leider am entscheidenden Punkt vorbei. Es geht nicht darum, ob Wagenknecht die fraglichen Zeiten nostalgisch verklärt oder nicht. Das tut sie wohl nicht. Sondern um die implizierte Behauptung, die Bewegungen weg von dieser Aufsteiger-Zeit seien willentlich-offensive gewesen, die auch hätten unterbleiben können, womit die Zustände vor den Siebzigern erhalten geblieben wären. Das ist eine ahistorische Sicht, die die Momente innerhalb eines langen kapitalistischen Zyklus völlig ausser acht lässt.

Keine kapitalistische Phase ist nachhaltig, sondern eben stets nur Phase. Jede kommt zu ihrem krisenhaften Ende, worauf dann 'Reformen' apliziert werden um die ökonomische Viabilität wieder herzustellen. Dass dabei die Gewichte tendenziell von den Proletariern weg, zu den Kapitaleignern hin verschoben werden, liegt in der Natur des Vorgangs und ist den alerteren Kapitalisten gar nicht so lieb, wie man meinen könnte, weil diese wissen, dass eine zunehmende monetäre Polarisierung den sozialen Frieden, von dem sie leben, in Frage stellt. Aber auch den Kapitalisten selbst stellt sich das System als objektives dar, als ein undurchdringliches Geflecht von Sachzwängen, eine Naturmacht, der man unterworfen ist.

In mehr oder weniger regelmässigen Zeiträumen bäumen sich die Folgen der Systemaporien derart auf, dass sie auch durch 'Reformen' nicht mehr eingefangen werden können. Dieser Zustand ist seit der sogenannten Finanzkrise erreicht und wird nun - Novum der Geschichte - durch entgrenzte Geldvermehrung maskiert. Die Spannungen nehmen zu.

Wagenknecht lässt diesen im Wesentlichen notwendigen Gang der kapitalistischen Dinge ausser Acht, tut so - auch mir sind nur Buchexzerpte bekannt, aus denen nichts anderes hervorgeht -, als könnte die erfreulichere Phase mit etwas gutem Willen restauriert werden. Und das ist ganz gewiss nicht der Fall.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (01.05.2021 04:10).

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