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Avatar von The Great Mute
  • The Great Mute

mehr als 1000 Beiträge seit 24.12.2011

Re: Contra "Intellektuelle Demut"

Ich dachte mir schon daß von dir ein Einwand kommen würde, nach deinem Beitrag weiter unten. Ich vermutete es, aber wußte es nicht - siehst du? ;-)

Ich glaube aber du hast eine unterschiedliche Vorstellung vom Konzept "intellektuelle Demut" als Rötzer oder Ich.

Also das klingt für mich eher nach infantilem Verhalten, was derzeit von allen Medien und staatlichen Stellen befeuert wird.

Mainstream statt selber denken, und was wir zu denken haben erfahren wir z.B. aus 'unserem' geframten haltungsjournalistischen Rundfunk.

Rückverdummung, Netzwerkdurchsetzung, Urheberrechtsreform, Uploadfilter. Von der "intellektuellen Demut" nahtlos weiter zum betreuten Denken.

Nein, ganz und gar nicht. Das von dir beschriebene Phänomen beobachte ich auch und lehne es ebenso ab wie du.
Wie gesagt, ich glaube du hast da eine andere Vorstellung als Ich oder Florian Rötzer von dem Konzept um das es hier geht.

Vielleicht gehen wir mal kurz weg vom Politischen, hin zu ganz alltäglichen Begebenheiten. Beispielsweise glaubt meine Mutter häufig im Verhalten diverser Verwandter und Nachbarn, üble Absichten ihr gegenüber zu erkennen. Wenn Person XY meinetwegen eine Verabredung absagt oder irgendeine Aussage tätigt, dann interpretiert meine Mutter solche Dinge oft so negativ wie möglich. Dann hat die Person die entsprechende Handlung gleich aus böser Absicht begangen. Aus meiner Sicht stellen sich diese Begebenheiten aber oft gar nicht so eindeutig dar. Ich versuche meiner Mutter dann oft ins Gewissen zu reden uns sage: "Du kannst gar nicht wissen ob Person XY das jetzt aus böser Absicht gesagt / getan hat oder nicht. Das ist eigentlich nur Spekulation. Handle nicht auf Basis dieser Spekulation, sonst tust du Person XY möglicherweise Unrecht."
Das stößt leider fast immer auf taube Ohren und der Streit ist vorprogrammiert.

Das Problem hier ist eben daß meine Mutter davon ausgeht daß es sich bei ihrer Spekulation um gesichertes Wissen handle.
Frühere Erfahrungen mit Person XY und ein Haufen Emotionen verstellen hier den Blick dafür daß sie eigentlich gar nichts weiß. Mit etwas "intellektueller Demut" könnte sie aber erkennen wann sie solche Dinge weiß(!) und wann eben nicht.

Ja, und das betrifft nicht nur meine Mutter. Verdammt viele Leute handeln so.

Es ist eigentlich genauso wie in der Geschichte mit dem Hammer aus dem Buch "Anleitung zum Unglücklichsein".

Siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Anleitung_zum_Ungl%C3%BCcklichsein#Die_Geschichte_mit_dem_Hammer

Ich plädiere nicht dafür sein Licht unter den Scheffel zu stellen und nicht selbst zu denken. Auch nicht für "betreutes Denken" - Gott bewahre.
Nein, ich plädiere für mehr Selbstreflexion - davon haben nämlich fast alle Leute zu wenig. Für einen analytischeren Blick auf den eigenen Wissensstand. Für eine Vermeidung der Überschätzung des eigenen Wissens. Die IMHO gefährlicher ist als deren Unterschätzung. Und das sollte - ganz im Gegenteil - mit einem Mehr an eigenständigem Denken einher gehen, nicht weniger. Denn man wird feststellen daß man oft gar nicht soviel weiß wie man vorher meinte, und wird den Drang verspüren diesen Zustand zu remedieren - mittels mehr eigenem Denken.

Keinesfalls sollte man sich auf "betreutes Denken" einlassen. Denn die "Betreuer" leiden ja meist selbst unter einer Selbstüberschätzung ihres Wissens. Konkret trifft das IMHO auf Journalisten ganz besonders zu.

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