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  • The Great Mute

mehr als 1000 Beiträge seit 24.12.2011

Re: Antwort in aller Demut

the observer schrieb am 07.04.2019 00:49:

The Great Mute schrieb am 06.04.2019 11:23:

Also, ich glaube ich gehöre zu denen auf die dieser Begriff zutrifft und ich finde es eine sehr nützliche Eigenschaft.

Es ist seltsam - aber gerade diese Behauptung ist geeignet, das Behauptete in Zweifel zu stellen. Was mich angeht, kann ich sagen, daß ich mich um intellektuelle Demut bemühe. Zu behaupten, daß dem auch entspräche - so weit versteige ich mich dann doch nicht. Das Urteil darüber überlasse ich anderen, denn genau diese - oft fehlbare - menschliche Selbsteinschätzung ist ja das Kernthema des Artikels.

Ah, du störst dich daran daß ich mir selbst "Demut" zuschreibe weil gerade das wieder "Hochmut" sei. Okay, nachvollziehbares Argument - aber auch nur dann wenn man sich jetzt auf den Begriff "intellektuelle Demut" versteift. Nenn das Verhalten einfach anders.

Nennen wir es z.B. einfach "Dem eigenen Wissensstand skeptisch gegenüberstehen." Das ist etwas sperriger, aber dürfte es doch ungefähr treffen. Kannst auch was anders vorschlagen.
Und ob man jetzt sagt man bemüht sich um diese Haltung oder man hat diese Haltung....puh...scheint mir jetzt etwas haarspalterisch zu sein.

(denn ich bin ja vermutlich gar keine Person mit eigenem Bewußtsein, sondern lediglich Deine gedankliche Projektion einer Person).

Das ist kurios. Ich habe diese Diskussion schon öfter geführt und immer kommt dieses Argument.
Ich behaupte: "Mann kann nicht wissen ob das Gegenüber Bewußtsein hat oder nicht"
Das Gegenüber antwortet: "Ah, du glaubst also Ich habe kein Bewußtsein"

So hintereinander geschrieben ..... siehst du das Problem?
No offense, aber das ist doch ein klassischer Strohmann (wahrscheinlich unabsichtlich). Ich habe nicht behauptet daß du kein Bewußtsein hättest. Ich behaupte lediglich daß mir diese Information völlig unzugänglich ist und ich das nicht entscheiden kann.

Das wirft gleich mehrere grundsätzliche Fragen auf. Die erste ist eine eher philosophische, und sie läuft unter den Stichworten Skeptizismus und vor allem Solipsismus. Gegen ihn gibt es einige schwerwiegende Einwände, die ich Dir nicht erläutern muß, da Du sie ja alle schon kennst

Wie schon gesagt, ich bin kein Solipsist. Ich sage nur daß es für mich nicht entscheidbar ist.
Und die Argumente gegen den Skeptizismus (zumindest die in dem erwähnten Baumann-Buch) haben mich nicht überzeugt.

Was wollen wir als eine Erkenntnis anerkennen, und unter welchen Voraussetzungen kommt eine Erkenntnis zustande?

Naja, das ist halt das klassische Thema der Erkenntnistheorie. Das werden wir hier im Forum nicht lösen, würde ich sagen. Ich kann nur sagen: Ich weiß keine Antwort auf diese Frage.

Sind andere Menschen, da sie kein Bewußtsein besitzen, lediglich gute Beobachter und bloße Nachahmer Deiner Handlungen und Reaktionen? Auch diejenigen, die sich genau wie Du verhalten, obwohl sie Dich - der Du ja der einzige mit einem Bewußtsein bist - niemals im Leben getroffen haben?

Wie gesagt, ich behaupte nicht der Einzige mit Bewußtsein zu sein - siehe oben. Aber ich habe schon öfters Personen irrtümlich Bewußtsein zugeschrieben, obwohl sie Keines hatten. Nämlich fast jede Nacht in meinen Träumen.
Die Traumfiguren sind alles nur Projektionen meines Bewußtseins, aber im Traum gehe ich fast immer davon aus daß sie es nicht sind. Mit der "realen" Welt könnte es sich ganz genauso verhalten.

Man hat festgestellt, daß es Tiere gibt, die ein Selbstbewußtsein besitzen, sich also ihrer selbst bewußt sind. Malt man ihnen irgendwo einen Klecks auf den Körper und stellt sie vor einen Spiegel, deuten sie nicht auf das Bild im Spiegel, sondern untersuchen sich selbst. Ich kenne keine Begründung und keinen Beleg dafür, daß ein Selbstbewußtsein ohne das Vorhandensein eines Bewußtseins möglich ist.

Hier setzt man doch folgenden Gedankengang voraus:
"Wir Menschen haben Selbstbewußtsein, was sich darin äußert daß wir uns im Spiegel erkennen können. Also muß ein Tier, welches sich im Spiegel zu erkennen scheint(!!!) auch Selbsbewußtsein haben."

Das ist erstmal ein Schluß der Form: Wenn B aus A folgt, dann folgt A auch aus B. Und damit kein zwingender logischer Schluß und damit die erste Schwachstelle des Arguments.
Die zweite Schwachstelle ist daß man das gezeigte Verhalten als "Erkennen im Spiegel" interpretiert. Nur weil das Tier irgendwelche Faxen vor dem Spiegel macht. Die kann es theoretisch auch aus anderen Motivationen machen.
Die dritte Schwachstelle ist daß man überhaupt von Sich auf Andere schließt - und dazu noch von Menschen auf Tiere! Es ist ein Argument der Form "Wie Oben so Unten", vor dem gerade in den Naturwissenschaften immer wieder gewarnt wird und das in der Vergangenheit schon häufig in die Irre geführt hat.

Zuguterletzt möchte ich festhalten daß auch Ich es für wahrscheinlich halte daß die entsprechenden Tiere (Delphine, Schimpansen, etc.) tatsächlich Selbstbewußtsein haben. Aber eben nur für "wahrscheinlich"!
Ein definitiver Beweis ist das nicht.

Ich wäre vorsichtig mit einer Faktenbehauptung - vor allem im Kontext mit dem Thema der intellektuellen Bescheidenheit. Was sollte der Grund für diese Unmöglichkeiten sein? Bist Du fachlich so kompetent, daß Du Dir eine solche Absolutaussage leisten kannst?

Das liegt am "Erlebnis-Charakter" des Bewußtseins, wie es manchmal genannt wird. An der "First-Person-Perspektive".
Diese kann nicht von einer zweiten Person nacherlebt werden. Mann kan nicht in den Kopf einer anderen Person schauen und einfach mal kurz miterleben, was da vor geht. Und nur das wäre für mich ein eindeutiger Beweis daß die Person Bewußtsein hat. Ich wüßte nicht was mich sonst endgültig überzeugen könnte. Und Telepathie scheint es nunmal leider nicht zu geben. Also: Beweis unmöglich.

Das ist nicht so dramatisch schlimm und natürlich handle auch Ich so als hätten andere Menschen Bewußtsein.
Aber man sollte doch soviel "intellektuelle Demut" aufbringen zuzugeben daß man das letztendlich nicht weiß. Ehrlich gesagt....ich finde das macht das Leben sehr viel interessanter.

Was Du da gerade geäußert hast, ist eine Wissensbehauptung - ich hoffe, das ist Dir bewußt. Und auch, daß Du damit gegen jegliches Vorhandensein von Wissen plädierst (siehe auch weiter unten).

Sehe ich jetzt erstmal nicht. Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch.

Wenn wir schon nicht wissen, "was Wissen eigentlich genau" ist, können wir uns dann wenigstens darauf einigen, daß wir über ein bestimmtes Maß an Wissen verfügen? Falls Deine Antwort "nein" ist, bedeutet das, daß alles, was wir als Wissen bezeichnen, Anschauung, Meinung ist. Wir reden dann einem Relativismus das Wort. Wir wissen nicht, daß alle Gegenstände auf der Erde nach unten fallen, sondern sind lediglich der Meinung. Man könnte auch anderer Meinung sein, nicht? Dann ist all das, was wir tun, bauen, herstellen, eitel Tun, denn es beruht ja nicht auf Wissen, sondern auf Ansichten.

Schwierig.....also zumindest ist mathematisches Wissen möglich.
In der Mathematik lassen sich Aussagen zweifelsfrei und wasserdicht beweisen. Wissen ist in diesem Bereich tatsächlich möglich.

Möglicherweise weißt Du es nicht, aber das erlaubt nicht den Schluß, daß es niemand weiß. Die Physik gibt darauf eine eindeutige Antwort.

Ja, sicher.
Mir ging es doch darum zu sagen: Ich weiß zu wenig über den Klimwandel. Also enthalte ich mich einer Meinung über dieses Thema, bis ich eventuell mal mehr weiß.

Hier handelt es sich wohl eher um Meinungen und um Auffassungen als um Wissen im erkenntnistheoretischen Kontext. Und Meinungen darf äußern, wer immer dazu Lust und Zeit hat.

Dürfen(!) freilich. Ich verbiete niemandem seine Meinung zu äußern. Ich stelle nur in Frage ob es denn immer so sinnvoll ist eine Meinung zu äußern die auf sehr wackeligen Beinen steht.
Und die Meinung vieler Foristen scheint mir eben auf sehr wackeligen Beinen zu stehen.

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