Zunächst einmal großes Kompliment! Das ist das erste mal, dass ich einen Soziologen lese, der sich verständlich ausdrückt und nicht hinter pseusowissenschaftlichem Geschwafel versteckt.
"Möglichkeitsgesellschaft, Möglichkeitsraum", oh Gott, das war schon mal das Motto einer Dokumenta. Meiner Meinung nach eine rosarote Blase ohne Inhalt. Ich habe dann weiter gelesen, um meine negative Meinung von Soziologen bestätigt zu bekommen und irgendwann die Lust zu verlieren. Habe ich aber nicht.
Dabei handelt es sich im wesentlichen um Folgen der Bildungsexpansion, damit auch der "Feminisierung" der Bildung, die angszeit von mehr oder weniger Chaos und Unsicherheit verbunden. Konsequenzen sowohl für die Privatsphäre hatte, weil Frauen und Männer ihre herkömmlichen Rollen nicht mehr weiterführen konnten, als auch für den Arbeitsmarkt, weil dadurch ein enormer Zuwachs der Nachfrage an Arbeit entstand.
Das trifft nur auf den Westen zu. Im Osten haben Frauen schon immer gleichberechtigt gearbeitet.
Gibt es aber nicht eine sinnvolle Entwicklung der modernen Gesellschaft, in der die Integration und materielle Sicherung über Arbeit gegenüber anderen Aktivitätsformen eine geringere Rolle spielt? Diese Frage wird nicht systematisch erörtert. Und das ist eine Frage der zweiten Moderne.
Das ist ein entscheidender Punkt. 2 Stunden Arbeit reichen, das ist schon länger klar. Und das ist nebenbei die Lösung für die Umweltprobleme:
https://onestrawrevolution.net/
Hier hat Beck dann doch die rosarote Blase abgesondert:
Solche Szenarien sind nicht das, was wir wirklichen brauchen. Intellektuell interessant wäre hingegen eine Debatte über den Möglichkeitsraum der zweiten Moderne, in der nicht nur immer alles untergeht oder zu Konflikten führt. Das hängt im übrigen auch immer von den Selbstdefinitionen ab, weil die Strukturen wesentlich an politisches Handeln, das aus Wissen entsteht, gebunden sind.
Aber, das muss man ihm zu gute halten, es geht ja nicht anders. Konkrete Anweisung, Ratschläge zu geben, funktioniert nicht, das führt nur in Ideologie und Totalitarismus. Ein Evolutionssprung ist immer mit einer Übergangszeit von mehr oder weniger Chaos und Unsicherheit verbunden.
Das hat Talcott Parsons übrigens schon sehr früh gesehen. Er hat gesagt, daß in den Individualisierungsprozessen der Begriff der Liebe als direkte und emotionale Zuwendung zu anderen und Gegenständen sehr wichtig wird.
Huch, da wagt es doch glatt einer, in wissenschaftlichem Kontext das Wort "Liebe" auszusprechen! Und er hat Recht! Man muss nur begreifen, was damit gemeint ist. Sicher nicht "Friede, Freude, Eierkuchen"
Schon deswegen ist es wichtig, sich der urdemokratischen, lange zurückreichenden und etwa von Toqueville sehr anschaulich dargestellten Integrationsform der politischen Freiheit oder der Selbstorganisation zuzuwenden.
Man müßte also politische Initiativen als Gegenpol zur Erwerbsarbeit fördern, ...
Genau. Nur ist es auch ein Problem, dass viele Menschen diese Freiheit nicht ertragen können. aber der Mensch ist ja lernfähig.
Aber eine solche Phantasie wäre notwendig, weil vieles von dem, was sich in dieser Gesellschaft vor sich geht, gerade unterhalb der gewohnten Stereotypen geschieht. Das eben macht es so aufregend, sich ein Stück auf das, was ich vorläufig zweite Moderne nenne, einzulassen und andersartige Konflikte herauszuarbeiten.
Fantasie und Aufmerksamkeit, das wäre was. Genau das wird vom derzeitigen System unterdrückt.
Was Beck noch hätte erwähnen können, dass trotz nicht aufzuhaltender Globalisierung regionale Landwirtschaft und Produktion wieder zunehmen wird. Aber das könnte sich mit regionaler Basisdemokratie von selbst ergeben.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (12.12.2019 08:48).