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Avatar von Jenson_85
  • Jenson_85

3 Beiträge seit 27.04.2020

Re: Völlig irreführendes Beispiel

cbu2 schrieb am 26.04.2020 11:45:

Die Anzahl der bestätigten Fälle durch die Anzahl der Tests zu teilen sagt uns also: Die Anzahl Erkrankter pro Verdachtsfall. Würde diese Zahl jetzt exponentiell steigen, wäre das tatsächlich seltsam. Daraus, dass sie es nicht tut zu schließen, dass die Gesamtzahl der Infektionen nie exponentiell anstieg ist schlichtweg falsch.

Oder anders gesagt: Die Zahl der Tests stieg (auch) weil die Zahl der Infizierten stieg.

Hallo,

das ist grds. ein guter Gedanke, aber Sie setzen mit Ihrer Hypothese voraus, dass die Anzahl der Tests immer für den selben Anteil an symptomatischer Patienten eingesetzt wurde. Wäre das der Fall, hätten Sie Recht und die Zahl der Tests wäre nur wegen der Anzahl an Verdachts-Patienten gestiegen.

Tatsächlich sind aber nach den mir bekannten Daten aber die Anzahl der verfügbaren Tests wesentlich stärker gestiegen, als die symptomatischen Verdachts-Patienten, d. h. die relative Anzahl an Getesteten zu den Symptomatischen hat sich stark erhöht. Während am Anfang der Grippewelle vielleicht nur 1% der Symptomatischen getestet worden sind, waren es im Höhepunkt >30% der Symptomatischen, einfach weil zwischenzeitlich mehr Tests verfügbar waren und entsprechend auch genutzt/durchgeführt wurden. Dafür spricht auch, dass die Testkapazitäten lt. diversen Meldungen "dringend erhöht" werden mussten aufgrund "großen Bedarfes". Damit wäre das Beispiel mit den Ostereiern dann im Rückschluss also doch zulässig und die Anzahl der Tests wurde entsprechend doch zuerst - noch vor der Anzahl der Verdachts-Patienten - erhöht.

Interessant: Zuletzt hörte ich erst letzten Mittwoch im Radio, dass man "auch nur bei Schnupfen" nun lieber zum Arzt solle und er entscheide dann, "ob ein Tests angezeigt sei"; man solle also diese milden Symtome bereits ernst nehmen und es stehen nun im Bundesland Sachsen große Testkapazitäten zur Verfügung... Das erweckt bei mir den Verdacht, man sucht jetzt dringend nach weiteren Fällen, um die Kurve künstlich oben zu halten (obwohl die Epidemie - wie jede Grippewelle - vorbei zu sein scheint).

Wie aber dem auch sei, diese Diskussion zeigt jedenfalls sehr deutlich, dass wir keine wissenschaftlich valide Daten haben (und nur mit diversen Korrekturen - wie es dieser Aufsatz versucht - einigermaßen valide Zahlen aus den vorhandenen Rohdaten rückschließen können).

Was angezeigt ist, ist eine umfassende Studie; z. B. sollten wöchentlich einfach zufällig 1000 Personen getestet werden (sowohl PCR Test, als auch Antikörpertest). Das hätte schon im Februar so gemacht werden müssen. Dann weiß man, wie hoch der Anteil der "Testpositiven" ist und wie hoch der Anteil der "Immunisierten" ist. Darauf aufbauend kann man dann noch die Testpositiven beobachten, um sicher Rückschließen zu können, wieviele von diesen Symptomatisch werden und wieiviele versterben. Das wären die richtigen Maßnahmen aus klinischer Sicht gewesen!

Die politischen Maßnahmen hätte man unter der Prämisse besonderer Vorsicht und Abwägung ziehen müssen. Z. B. hätte ich als Politiker unterteilt, welche Maßnahmen wieviel Kolateralschäden zu erwarten ließen. Die mit wenig Kolateralschäden hätte ich ebenfalls gleich umgesetzt (z. B. Versammlungsverbot mit mehr als 500 Leute / Veranstaltungen absagen).
Maßnahmen mit mittleren bis hohen zu erwartende Kolateralschäden (ShutDown) hätte ich hingegen angekündigt und erst bei Überschreiten eines bestimmten Grenzwertes umgesetzt (z. B. wenn die Intensivbetten zu >80% überlastet sind oder diese Überlastung sicher absehbar wird)! Bis dahin hätte ich die Bevölkerung informiert, wann welche Maßnahmen passieren würden und was jeder einzelne Freiwillig bis dahin tun kann; und vor allem auch, ab wann diese restriktiveren Maßnahmen wieder zurückgefahren werden würden, sollte dieser Fall eintreten. Weiterhin wären in meiner Vorstellung die besagten Studien in diesem Zeitraum mit Hochdruck verfolgt worden und die rechtliche Seite genaustens beleuchtet worden. Zusätzlich hätte ich die Diskussion unter den Experten unbedingt angefacht; alle Kritiker und Befürworter von politischen Maßnahmen müssen zusammengesperrt werden und sollten ihre Argumente offen austauschen; teilweise auch öffentlich, damit das Volk sich eine eigene Meinung bilden kann und nicht in Panik versetzt wird.
Wir haben doch die entsprechend befährigten Wissenschafts- und Rechtsexperten und wissen doch auch, wie Demokratie funktioniert :-)

VG!

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