PippiLangstrumpf schrieb am 05.10.2023 10:00:
Mit der Festlegung des Wechselkurses von Ost-Mark zur D-Mark von 2:1 entstand für die ostdeutschen Betrieb ein nicht zu kompensierbarer Kostenschock. Man nahm ihnen den einzigen Vorteil, den sie gegenüber westdeutschen Betrieben hatten, nämlich niedrigere Personalkosten, die die niedrigere Produktivität durch veraltete Maschinen, Abläufe etc. hätte kompensieren können.
Dadurch wurde ehemals profitable, und damit auch werthaltige Unternehmen, schlagartig unprofitabel und damit wertlos bis hin zu in der Tat negativen Unternehmenswerten.
Aus der Erinnerung heraus war der Wechselkurs ja durchaus ein Wahlkampfthema und die CDU mit Helmut Kohl als Spitzenkandidat trat für den 2:1-Wechselkurs ein, während die SPD in der damaligen Opposition hier nicht ganz so offensiv unterwegs war.
Die CDU setzte sich durch. Ein hoher Wechselkurs war insbesondere in der DDR leichter zu verkaufen. Man erhielt ja erst einmal "mehr" Geld, aber dass dadurch die ostdeutsche Wirtschaft rasiert wurde, das sah man nicht.
Das hat doch mit dem Wechselkurs (der einmalig zum Umtausch wirkt) nichts zu tun. Auch bei einem einmaligen Wechselkurs von 1:5 oder anders wären danach Löhne und Kosten zu D-Mark Preisen angefallen. Und zwar in marktüblicher Höhe. Ist also Quatsch.
Ein wichtiger Grund für den Einbruch der Wirtschaft durch die D-Mark war, dass der funktionierende Absatzmarkt in Richtung Osten schlagartig wegbrach. Die marktüblichen Preise waren nun in D-Mark fällig. Für östlichen Handelspartner waren nun marktübliche Preise in einer frei konvertierbaren Währung zu zahlen. Durch höhere Produktivität und modernere Ausstattung westlicher Firmen waren DDR-Betriebe schlicht nicht mehr wettbewerbsfähig.
Die wenigen funktionierenden Betriebe wurden durch die Treuhand an westliche Investoren veräußert und durften, wenn sie Glück hatten, als verlängerte Werkbank weiterarbeiten. Andere wurden als Konkurenz einfach platt gemacht.
Die westliche Industrie brauchte 1990 keine erweiterten Produktionskapazitäten, sie brauchten schlicht einen erweiterten Absatzmarkt.