Solche "Grenzkonflikte" und "alte Rechnungen" gibt es in Europa zwischen fast allen Nachbarländern. Jeder hat im Laufe der Jahrhunderte schon mal jeden überfallen und besetzt. So gut wie jede Grenze in Europa könnte man mit guten historischen Argumenten auch ganz anders ziehen.
Deshalb hat sich Europa, inklusive der damaligen Sowjetunion, ungewohnt pragmatisch darauf verständigt, dass die Grenzen jetzt einfach so bleiben sollen wie sie sind, alle Schulden bezahlt und alle Revisionsgedanken beerdigt sind. Europa hatte die Idee (und es ist eine große und gute Idee) dass Grenzen ihre Bedeutung verlieren sollen und niemand mehr dafür sterben sollte, welche Fahne über seinem Rathaus weht oder wie sein Autokennzeichen aussieht. Das hat trotz vieler unvorhersehbarer Entwicklungen (Zerfall der Sowjetunion und von Jugoslawien) auch ganz gut funktioniert und Europa zu einer der prosperierendsten und sichersten Ecken der Welt gemacht.
Nur Russland, durch den Zerfall der Sowjetunion zur Regionalmacht geschrumpft aber nach wie vor mit einem absurden Atomarsenal und den Streitkräften einer Großmacht ausgestattet, entdeckte irgendwann, dass es dabei vermeintlich schlecht weggekommen war. Unter Putin begann der Rücksturz ins vorige Jahrtausend, in eine Welt irgendwo zwischen Zarenreich, Großem Vaterländischem und Kaltem Krieg. Zurück zu einer Vorstellung von "Größe" die in Atomsprengköpfen, Panzern und Quadratkilometern gemessen wird.
Vielleicht wäre es billiger gewesen, Russland stattdessen bei einer Fußball-WM gewinnen zu lassen. Oder mindestens so zu tun, als würde man von dem dreisten Betrug in den anderen von Russland dominierten Sportarten nichts mitbekommen. Es ist tragisch, dass sich Russland jetzt wieder Schlachten und militärische Siege braucht, um seinen fragilen Nationalstolz aufrecht zu erhalten.