1. Es erscheint mir naiv, zu glauben, dass die Putschisten nach 100 Morden an Polizisten und Demonstranten durch Sniper der Opposition vor dem Präsidenten Halt gemacht hätten. Zumindest musste Janukowitsch davon ausgehen, nachdem das von Fr., D., Polen initiierte und unterschriebene Abkommen innerhalb von 24 Stunden von den Putschisten gebrochen wurde, dass sein Leben bedroht war. Sein MP Asarow berichtete in "Die Wahrheit über den Staatsstreich" (2015), dass sogar das Auto seiner Frau beschossen wurde, als sie auf dem Weg in die Ostukraine war.
Die Besetzung der Präsidentenresidenz und des Hauses der Regierung durch bewaffnete Putschisten bestätigte dann jede Vorsicht.
2. Janukowitsch selbst hat noch ausdrücklich bekannt gegeben, dass er nicht zurücktreten werde.
Zuletzt hat er sogar noch Russland um Hilfe gegen die illegalen Putschisten zur Wiederherstellung der Demokratie gebeten. Putin hat sie bekanntlich nicht gewährt.
Wahrscheinlich wusste er von der Anwesenheit von US-Söldnern.
Süddeutsche Zeitung vom 11.5.14: „Im Osten der Ukraine sollen Hunderte gut ausgebildeter US-Söldner gegen prorussische Rebellen im Einsatz sein. Aufseiten der ukrainischen Armee und Polizei operierten 400 Kämpfer der privaten US-Sicherheitsfirma Academi, früher bekannt unter dem Namen Blackwater."
3. Ludger Volmer, 1998-2002 Staatsminister im Auswärtigen Amt, Im DLF am 25.06.15
[Auf Nachfrage des Journalisten zum Begriff "Putsch"]: "Wenn eine Revolution von der Straße eine Regierung davonjagt, die vorher demokratisch gewählt worden war, was soll das sonst sein? ... Wenn dann aber ein anderer Teil des ukr. Volkes, nämlich die Ostukraine, nicht mitmachen will und wiederum aus dem neuen ukrainischen Staatsverband austreten will, dann gilt das als illegitim, und das ist die Heuchelei und die Doppelmoral der westlichen Politik."
4. Vorbereitung des Putsches.
Das ukr. Portal censor.net berichtete von einem Besuch Victoria-F*-The-EU-Nuland am 13.12.13. Überschrift: "Die USA fordern von Achmetov und Klyuchev einen Parteiaufstand gegen Janukowytsch. Ansonsten: Sanktionen.
Diese ukr. Oligarchen waren die wesentlichen Unterstützer der Mehrheitspartei Janukowitschs.
"Nuland teilte mit, dass sich die USA und die EU auf eine gemeinsame Position im Falle der Auflösung des Maidan geeinigt hätten."
Der von Nuland vorgesehene Jazenjuk ("Jaz not Klitch" [Klitschko, den Frau Merkel wollte]) hatte in den letzten freien Wahlen 6,69% erreicht.
5. Bei den Diskussionen und Abstimmungen in der Rada wurden Mitglieder der Mehrheitsfraktion am Betreten des Parlaments gehindert, es gab Schlägereien in der Rada, Abstimmung mit Stimmkarten von Abwesenden, also kaum das, was man als demokratische Arbeit eines Parlaments bezeichnen kann.
6. Turtschinow ("Übergangspräsident") wurde überhaupt nicht vom Volk gewählt, hat seine Ernennungsurkunde gleich selbst unterschrieben.
7. Poroschenko wurde - entgegen der 2014 gültigen Verfassung - nur in der Restukraine gewählt. Die Antiputschisten ("Separatisten") im Donbass konnten/durften nicht wählen. Damit ist sowohl Poroschenko als auch Selenski nur in der größeren Restukraine gewählt.
Er hat auch ganz offensichtlich die Ostukraine abgeschrieben.
Er verglich auf der Veranstaltung "Strategie 2020" im Odessaer Operntheater am 23. Oktober 2014 die Lage der Menschen in der Ukraine und in den von der Kiewer Regierung nicht kontrollierten Gebieten in den Donezker und Lugansker Volksrepubliken folgendermaßen:
"Wir werden Arbeitsplätze haben – sie nicht.
Wir werden Renten haben – sie nicht.
Wir werden Unterstützung für Kinder und Rentner haben – sie nicht.
Unsere Kinder werden in Schulen und Kindergärten gehen – ihre Kinder werden in Kellern sitzen. Weil sie nichts können.
So und nur so werden wir diesen Krieg gewinnen."
Dazu das Statement einer Ostukrainerin aus dem Donbass. Zu einem Journalisten meinte sie, nachdem Russland angefangen hatte, die Infrastruktur der Ukraine anzugreifen, sie habe wenig Mitleid. Jetzt sähen "die" einmal, wie es ihnen seit 2014 ergangen ist.
Der Film "Ukrainian Agony" könnte zum Verständnis beitragen.
Selenski forderte die Donbassbewohner auf, sie sollten die Ukraine verlassen. Lawrow meinte daraufhin bekanntlich etwas süffisant, dass sie das auch tun werden, aber das Land mitnehmen.
Süddeutsche Zeitung vom 18.10.22. Sonja Zekri berichtet aus der Ukraine, dass für manche Bewohner die Zeit der russischen Besatzung für die Bevölkerung besser war: "Die russischen Soldaten haben sich vorbildlich benommen. Niemand wurde beleidigt, niemand". Zitat einer Natalja mit Alters- und Ortsangabe.
Welt-Chefreporter Steffen Schwarzkopf berichtet: (Vgl. Der Kampf um Bachmut)
„Es sind immer noch Zivilisten in der Stadt. Warum verlassen sie die Stadt nicht? Es gibt mehrere Gründe. Zum Einen, das kennt man, dass ältere Leute sagen, wir wissen nicht wohin, wir haben Möglichkeiten, wir haben hier immer gelebt.
Was wir auch selber erlebt haben vor Ort. Es waren Menschen - und da waren wir mit einem deutschen Team unterwegs - … die gesagt haben, nee, da wollen wir nicht raus, aus einem ganz anderen Grund: wir warten darauf, dass diese Stadt befreit wird von den Russen. Wir haben Informationen bekommen aus Mariupol. Mariupol sei wieder aufgebaut worden, das sei jetzt quasi eine blühende Landschaft, alle Menschen haben viel Geld, haben zu essen, haben ne Wohnung, die sorgen für uns. Wir warten, befreit zu werden. Und dann darf man nicht vergessen, dass viele Menschen pro-russisch einfach sind, zusammenarbeiten, und einfach daran festhalten. Und hoffen, dass es unter russischer Kontrolle einfach besser wird.“