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  • kemmerich

mehr als 1000 Beiträge seit 11.02.2020

"Dekarbonisierung"

Der Begriff ist verfehlt. Er impliziert, dass es sich beim Abschied von fossilen Brennstoffen um einen Vorgang handelt wie damals beim FCKW. Da hatte man festgestellt, dass FCKW die äußerst wichtige Ozonschicht schädigt. Die Lösung: Ein Ersatzstoff musste her, und der war auch schnell gefunden. Spraydosen wurden dann eben mit dem alternativen Treibmittel befüllt, und Kühlschränke auch. Problem gelöst.

Energie ist, anders als Treib- und Kühlmittel, zentral für eine kapitalistische Volkswirtschaft. Investitionen in Forschung & Technik - der Kern des Kapitalismus - lohnen sich nur, wenn die schicken neuen Maschinen (bzw. Technologien wie KI) auch 24/7 betreiben lassen, und das möglichst billig. Ohne Energie sind die Dinger nichts als totes Kapital. Nun ist erneuerbare Energie jedoch nicht billig (nach dem Motto: "Wind und Sonne schicken keine Rechnung"), sondern arschteuer.

Der größte Knackpunkt ist dabei die Erfordernis, hohe Energiemengen rund um die Uhr zur Verfügung stellen zu müssen - wenn's mit der Wachstumökonomie so weitergehen soll. Wenn nur noch je nach Energieangebot produziert und Mobilität stattfinden kann, geht hier alles sowas von den Bach runter. Also müssen neben einer absurden Anzahl von Windrädern (Solar kann man in Deutschland fast schon vergessen, Wasserkraft und Geothermie erst recht) auch Speicherwerke errichtet werden. Teuer allein schon deshalb, weil sie die meiste Zeit nur rumstehen, aber eben trotzdem in hoher Zahl vorhanden sein müssen. Außerdem sind die vorhandenen technischen Möglichkeiten recht bescheiden: Akkus können nur kurzzeitig überbrücken, die Umwandlung in Wasserstoff ist mit schmerzhaften Verlusten verbunden, die durch noch viel mehr Solar und Windkraft ausgeglichen werden müssen. Ökologisch notwendig, keine Frage, aber eben ungleich unwirtschaftlicher als fossile Energie.

Daher ist es Unsinn, von "Dekarbonisierung" zu sprechen. Vielmehr müssen wir "Dekapitalisieren", also ein anderes Wirtschaftssystem an den Start kriegen. Eines, das auf Suffizienz basiert und mit erneuerbarer Energie rund läuft. Nach der Devise: "Weniger ist mehr".

Wählt bloß keiner.

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