Entgegen der landläufigen Meinung, dass der Westen uneigennützig und selbstlos einem Staat zu Hilfe eilt, ist es so, dass die USA eine Strategie verfolgen.
Inzwischen ist das Kriegsziel des Westens ja auch klar benannt: "Russland schwächen". Das wird von manch einem so verstanden, dass es dazu dienen soll, weitere Übergriffe Russlands zu verunmöglichen. Das stellt aber die Sache auf den Kopf. Der Angriff Russlands ist die Reaktion auf die Strategie.
Im Netz finden sich Strategiepapiere, z.B. von RAND. Und Aussagen von George Friedman, von Brzezinski gibt es Interviews und auch Bücher. Reagan hatte schon in den 80er sein Programm des "Totrüstens" öffentlich gemacht, usw..
Die Strategie lässt sich so zusammenfassen: Sieg durch permantente Überlastung des Gegners. Funktionieren tut es grob gesagt so, dass man unterhalb der direkten militärischen Konfrontation den Gegner nötigt, mehr für seine Verteidigung auszugeben, als er sich leisten kann. Dafür muss es noch nicht einmal einen Krieg geben.
Der immer gerne gebrachte Einwand, dass Russland (und früher die SU) über Atomwaffen verfüge, also unangreifbar sei, geht an der Sache vorbei. Dieser Einwand geht immer von einer direkten militärischen Konfrontation aus, die in der Tat früher oder später beim Einsatz von Atomwaffen landen würde.
Das Ziel ist es also, unterhalb der Schwelle zu bleiben, ab der Russland mit einem Atomschlag reagieren würde. Und dafür gibt es reichlich Möglichkeiten, die alle fein säuberlich im RAND Papier aufgelistet werden, kategorisiert nach den Kosten, die sie verursachen und den Schäden, die sie bewirken. Ist durchaus interessant, sich das mal durchzulesen.
Neben den vielen kleinen und kleineren Provokationen (Manöver an der Grenze, Eindringen in den Luftraum, ...) ist es vor allem die Osterweiterung der NATO/EU, die Russland zu schaffen macht.
*** NATO Osterweiterung ***
Es wird gerne behauptet, dass die Osterweiterung nicht gegen Russland gerichtet sei, und die Staaten träten der NATO ja freiwillig bei. Letzteres stimmt zwar, unterschlägt aber den Zweck der Osterweiterung. Und der richtet sich gegen Russland.
Man kennt es vom Fußball: wenn Bayern München immer wieder Spieler von Dortmund kauft, dann stärkt es die eigene Mannschaft und schwächt Dortmund. Und Letzteres ist m.E. nicht nur ein Kollateralnutzen, sondern beabsichtigt.
Die Osterweiterung geht von der NATO aus, sie will die Staaten in der NATO haben, sie will weiter an die Grenzen Russlands rücken, sie will Russland Verbündete abspenstig machen. Und dafür tut sie auch einiges, z.B. indem mit massiver Unterstützung der Figuren, die einen Anschluß an den Westen befürworten. Bis hin zum Putsch ist da alles im Angebot.
Die NATO gewinnt so ein Aufmarschgebiet, Russland verliert eine Pufferzone und ökonomische Partner. Die militärische Bedrohung rückt näher, die Vorwarnzeiten werden kürzer, Russland muss mehr Aufwand treiben, um das auszugleichen.
*** Ukraine ***
Die Ukraine ist ein Sonderfall. Zum einen ist sie geostrategisch sehr wichtig, wie u.a. auch schon Brzesinksi erkannt hatte. Zum anderen gibt/gab es eine starke ökonomische Verbindung zu Russland.
Ein Sonderfall ist die Ukraine aber vor allem deswegen, weil es hier an Russland Existenz als Großmacht geht. Das haben einige Politiker und Strategen erkannt. Manche wollten deshalb davon lassen, weil die Gefahr eines Weltkrieges sehr hoch ist, wenn man Russland derart auf die Pelle rückt.
Ab den frühen 2000er Jahren hat der Westen massiv versucht in der Ukraine Fuß zu fassen. Der erste Versuch mit der "orangenen Revolution" ist noch gescheitert, mit dem Maidan Putsch ist es dann gelungen, eine strikt prowestliche und vor allem anti-russische Staatsführung zu installieren.
Und seit 2014 wird die Ukraine aufgerüstet, war de-facto NATO Staat, aber eben nicht Mitglied der NATO. 2021 hat die Ukraine grünes Licht für die Rückeroberung von Donbass und Krim erhalten, beides sind seitdem Staatsziele im Verfassungsrang.
Egal wie dieser Krieg militärisch ausgeht, er hat sein primäres Ziel schon erreicht. Russland ist geschwächt worden, die EU ist an die USA gebunden.
Wenn also nach den Midterms die Unterstützung der Ukraine zurückgefahren werden sollte, ist für die USA die Welt trotzdem mal wieder ein besserer Ort geworden.