Ich glaube nicht daran, dass Wagenknecht und Lafontaine die nationale Frage stellen. Das wird ihnen von der Gegenseite unterstellt. Dieses gesamte Muster, um sie zu diskreditieren, ist mir schlicht zu banal. Was die Gegenseite behauptet, zeigt mir, dass Wagenknechts Gegner entleert argumentieren.
In meinen doch schon fortgeschrittenen Alter habe ich mir oft die Frage gestellt, was treibt die Politik an, welche Strippen werden hinter den Kulissen in einer bürgerlicher Demokratie gezogen (übrigens eine sozialistische Betrachtung) und was machen die einzelnen Akteure dann, die von uns in die Arena, also Bundestag, gewählt werden.
Wenn also eine studierte Philosophin wie Wagenknecht, die das auch lebt, argumentiert, dann speist sich ihre Haltung aus mehren Erkenntnissen: Praktischen Erfahrungen und den theoretischen Grundlagen - dazu gehört nicht nur Marx.
Beginnen wir mit den praktischen Erfahrungen. Wagenknecht wurde vor Jahren in den Mainstreammedien ihre Mitgliedschaft in der kommunistischen Plattform zum Vorwurf gemacht, um sie in der Partei zu isolieren. Das gelang nicht. Dann hatte sie einen anderen Kurs gewählt: Nachdem die SPD und Grünen in die neoliberale Ecken drängten, versuchte Wagenknecht mit Büchern und Vorträgen für die soziale Marktwirtschaft zu werben. Auch diese neue Kritik wird ihr heute zum Vorwurf gemacht, sie sei zu wenig links, aber auch keine Reformkraft, hallt es ihr entgegen. Feuer von allen Seiten.
Für mich ist klar: Wagenknecht ist ein unabhängiger, also ideell und materiell unbestechlicher Kopf - und daher soll sie weiter isoliert werden. Das gelingt über Satrapen in der Linken, die eher geringes Format haben und Morgenluft wittern. Man nennt sie Reformkräfte. Ein ganz übler ist dabei für mich Klaus Lederer, der als Spitzenkandidat allenfalls nur ein Wohlfühlreesort in Berlin haben wollte: Hauptsache Futtertrog. Genau das will Wagenknecht nicht. Kein Bündnis mit neoliberalen Pseudolinken, die sich nur noch als kulturmarxistische Traumtänzer verstehen.
Völlig klar ist doch, dass eine Demokratie nur in kleinen Einheiten funktioniert; das sagt schon die klassische Theorie. Je größer und heterogener ein Zustand wird, desto weniger gemeinsame Interessen lassen sich artikulieren. Wenn also bestimmte Pseudolinke annehmen, mit der Flutung von vielen Migranten unterschiedlicher Herkunft könne man ein einheitliches Klassenbewusstsein schaffen, dann irren sie, da Migranten Anliegen verfolgen, die sich nicht mit denen decken, die hier länger leben. Für jeden neuen Migranten ist ein Billigjob ein Aufstieg, für länger hier Lebende ist es genau das Gegenteil. Warum fördert z.B. der Kapitalist Soros diese Migrationsagenda? Weil er ein schlauer Fuchs ist - und selbst Philosoph.
Die politische Partizipation von Migranten ist schon in der heutigen Pseudodemokratie extrem gering. Das zeigt die praktische Erfahrung, die manche Theorie widerlegt. Das heißt, die neuen Migranten geben sich mit dem zufrieden, was herrschende Eliten ihnen anbieten: Billigjobs und Hartz IV. Wie soll daraus ein "Klassenbewusstsein von unten" entstehen, wie es Kipping und Riexinger annehmen? Es gibt immer mehr kulturelle Parallelgesellschaften, die die Kippings und Co nicht zur Kenntnis nehmen. Wie soll daraus ein einheitliches Klassenbewusstsein entstehen? Eine revolutionäre Stimmung wird vielmehr auf die lange Bank geschoben. Der prozentuale Anteil der Unzufriedenen wird durch diese Migration gedrückt und nicht gesteigert. Für mich sind das zu viele Widersprüche, die hier Riexinger und Kipping auftischen. Es bleibt unwidersprochen, weil Kippining und Riexinger selbst nah an den Interessen der bürgerlichen Demokratie argumentieren und ihr erkennbar dienen. Vordergründig mögen sie linke Werte vertreten, aber bei genauer Betrachtung sind es keine.