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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

entweder oder

Wer den Iran umstandslos eine Diktatur nennt, kann nicht als neutraler Berichterstatter ernst genommen werden. Der Autor würde vermutlich nie im Leben z. B. Kenia eine Diktatur nennen. Es gibt dort ja mehrere Parteien, regelmässig wird gewählt, Kandidaten werden nicht einem offiziellen Zulassungs-Screening unterzogen. Erst recht sähe er die usa als Diktatur. Es gibt dort zwei massgebliche Parteien, sogenannte freie Wahlen...

In Kenia gibt es allerdings massive Wahlfälschungen, Stimmen werden gekauft. In den usa dürfen in vielen Bundesstaaten Millionen offiziell nicht mitwählen, weitere Millionen werden bei der Einschreibung ins Wahlregister behindert. Es gab schon mehrfach Fälle von Wahlbetrug, etwa die Wahl von Bush Junior. Der Wahlkampf wird massiv von den gewaltigen Geldmitteln gewisser Teilnehmer verzerrt.

Was genau definiert, wann ein Staat eine Diktatur ist und wann nicht. Der Ausschluss gewisser Ideologien wohl kaum. Der Umstand, dass immer dieselbe Partei regiert? Das trifft für den Iran nicht mehr zu als für die usa. Also was?

Wer in der aktuellen Lage das politische System des Irans zu delegitimieren versucht, läuft Gefahr, als fünfte Kolonne des Feindes dazustehen. Der Feind ist das Imperium, das sich nicht um demokratische Verhältnisse schert - die gabs unter dem Schah bekanntlich auch nicht, ebenso wenig wie im verbündeten Saudi Arabien -, sondern bloss seine imperialistischen geostrategischen Pläne verfolgt. Juristen streiten gelegentlich darüber, ob dies oder jenes das höhere Rechtsgut darstelle, im Fall eines Auswahlzwangs dem einen oder anderen der Vorrang eingeräumt werden soll. Mutatis mutandis kann man sich das auch im Iran fragen. Ist jetzt die Zeit, Demokratie zu fordern, oder jene die imperialen Weltbeherrschungspläne zu bekämpfen. Beides ist zurzeit nicht zu haben.

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