Es wäre schon irgendwie seltsam wenn mit dem "jemand" in §107 StGB auch der Wählende selbst gemeint wäre. Der Paragraph lautet:
"Wer einer dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift in der Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis davon zu verschaffen, wie jemand gewählt hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
Die Formulierung deutet meiner Ansicht nach darauf hin, daß derjenige der gegen den Paragraphen verstößt und der zitierte "jemand" in jedem Falle nicht miteinander identisch sind. Das bedeutet, daß Opfer (in diesem Fall der Wähler) und Täter nicht identisch sein können.
Offensichtlich ist der Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Wiesbaden der gleichen Auffassung.
Strafvereitelung im Amt (wie von einem Kommentator im Forum schon fantasiert wurde) kann hier auch nicht vorliegen, da diese voraussetzt, daß eine rechtswidrige Tat überhaupt vorliegt. In diesem Fall sind sich allerdings der Bundeswahlleiter und die Staatsanwaltschaft Wiesbaden zunächst einmal über die Interpretation eines Gesetzes uneinig. Wie §107c StGB nun auszulegen ist, ob er im Falle der freiwilligen Selbstoffenbarung einer Wahlentscheidung also anwendbar ist, ist Sache der Gerichte.
Wenn dann ein Gericht geklärt hat ob der Bundeswahlleiter oder die Staatsanwaltschaft Wiesbaden recht haben, erst dann könnte es in einem zweiten Schritt zu einer Aufnahme des im Artikel genannten Sammelermittlungsverfahren gegen 42 Personen wegen Verstoßes gegen §107c StGB kommen.