Ein entscheidender Grund, weshalb Egoismus als Konstante menschlichen Handelns gesehen wird, die alle anderen Motivationen dominiert oder durch's Hintertürchen zu erklären versucht, ist aus meiner Sicht rein ideologischer Natur. Die pseudowissenschaftliche Logik hinter der Argumentationskette sieht wie folgt aus:
Egoismus liegt allen Verhaltensweisen zugrunde => Egoismus ist etwas normales => egoistische Verhaltensweisen müssen nicht gerechtfertigt werden => Man darf sich ohne schlechtes Gewissen egoistisch Verhalten => egoistische Handlung X kann ohne Gewissensbisse durchgeführt werden
Diese Sichtweise wird vor allem im Liberalismus (= Utilitarismus) vertreten, im Grunde genommen also in der dominanten Philosophie der westlichen oder verwestlichten Welt. Wieso ist das so, könnte man fragen. Die plausibelste Antwort erhält man wenn man die Gegenfrage "Cui bono" stellt. Wenn alle überzeugt davon sind, dass Egoismus normal ist, dann ist es völlig in Ordnung sich egoistisch zu verhalten. Dann fällt der eigene Egoismus nicht mehr in dem Maße auf als man wenn der einzige Asoziale ist. Das dadurch aber nicht alle Gewinnen, sondern nur diejenigen, die Mittel einsetzen können um sich durch rücksichtslosen Einsatz dieser Mittel besser zu stellen, während alle anderen dadurch verlieren, wird dadurch verschleiert, dass diese Rücksichtslosigkeit in den Mantel der Philosophie und anderer Pseudowissenschaften gekleidet und als Fakt dargestellt wird.
Die "Akademiker", die Unsummen an Geldern verbrennen indem sie ihre Karrieren auf der Scheindiskussionen pseudowissenschaftlicher Theorien aufbauen, sind in den Davos-Konferenzen und Hinterzimmern dieser Welt die gern gesehenen Gäste, die den egoistischen Geldbesitzern die Rechtfertigung für verbrecherische Handlungsweisen liefern. In den seltensten Fällen wird es sich bei Publikationen um reine Naivität handeln, wenn Egoismus als Verhaltenskonstante angenommen wird. In den meisten Fällen wird Vorsatz existieren (etwa bei Leuten wie Milton Friedman) oder auch einfach nur Theorie-Faulheit, weil die eigenen Theorien nutzlos werden wenn Egoismus als Verhaltenskonstante nicht weiter angenommen wird.