Die Sache ist vermutlich gar nicht so kompliziert - das Gehirn, Bewusstsein und damit verbunden Empathie, die ja Grundlage des Altruismus ist, sind insgesamt von evolutionärem Vorteil. Sie bringen allerdings komplexe psychische Strukturen mit sich, die kaum in jedem einzelnen Aspekt selektiert wurden und sich auch gegenseitig beeinflussen (ein Altruist kann z.B. extrovertiert oder introvertiert sein usw., was wiederum auch die Weitergabe von Genen beeinflusst.).
Versuche, die Grundlage von etwas isoliert durch Evolution oder noch reduzierter direktem Nutzenvorteil zu erklären, gehen am (Epi-) Phänomen vorbei. Das ist nicht nur beim Altruismus so, auch der Selbstmord - immerhin 7.-8. häufigste Todesursache - bringt kaum individuellen Vorteil, insbesondere evolutionär (aus der Sicht von Dawkins egoistischem Gen) mit sich. Wenn das nur genetisch bedingt wäre, wäre es längst aus dem Genpool geflogen. In anderen Bereichen wie z.B. Bestrafen bei Tauschspielen ist auch lange bekannt, dass Menschen zu Rache neigen, selbst wenn es ihnen individuell schadet.
Religion und damit verbundenes Märtyrertum etc. sind weitere Beispiele, dass es kaum möglich sein dürfte, individuelle Phänomene durch Selektion zu erklären.
Insgesamt wird es so sein, dass ein komplexer Wahrnehmungsapparat und Sprachfähigkeit erhebliche Vorteile bieten, die aber eben auch gleichzeitig zu individuell (und manchmal auch kollektiv wie z.B. erweiterter Selbstmord/extremistische Selbstmordattentäter) wenig nützlichen Dingen führen, die aber nicht selektionswirksam sind bzw. vermutlich nicht direkt genetisch codiert.