Dank an den Autor für seinen anregenden Artikel. (War das jetzt eine altruistische Tat, oder hat er den Artikel nur geschrieben, um etwas Geld zu verdienen - allerdings kümmerlich - und / oder sich als belesenen und intelligenten Menschen zu zeigen?)
Ich für meinen Teil glaube, dass ein wichtiger Aspekt von allen rezipierten Positionen ausser Acht gelassen wird. Ein Aspekt, der sich an den eingangs beschriebenen Beispielen exemplarisch zeigt. In beiden Fällen handelt es sich um spontane Reaktionen. Es geschieht etwas. Jemand ist Zeuge und wird von diesem Geschehen affiziert. Er reagiert spontan. Falls bewusste Überlegung im Spiel ist, dafür überhaupt Zeit bleibt, ist sie bloss binnensituational, ist also allein auf die Frage fokusiert, wie zu handeln sei, um das aufgetretene Problem - hier akute Lebensgefahr für die vom Geschehen Betroffenen - erfolgreich zu lösen. Gelingen ist zutiefst befriedigend.
Mit anderen Worten; da ist kein Raum für utilitaristische Gedankengänge. Diese kommen, wenn überhaupt, wie in sehr vielen Fällen menschlicher Handlungen, post festum - das Geschehene, kantisch gesprochen die Welt an sich, soll kognitiv erfasst werden. Erst bei diesem nachträglichen Bemühen um Erklärung, dem Rationalisierungsvorgang, kommt, wie von selbst, Erwägung von Vor- und Nachteilen.
All die beschriebenen Positionen versuchen Verhalten in ein rationales Korsett zu zwängen - was ihnen manchmal mehr, manchmal weniger gelingt. Besonders unbefriedigend ist das Resultat, wenn es beim zugrundeliegenden Verhalten um aussergewöhnliches geht, wo ein Vorteil für die handelnde Person nicht auf der Hand liegt. Schliesslich gelangen die Überlegungen zu einem Resultat, doch wie oft erklären wir uns ein eigenes spontanes Handeln nachträglich so und so - und bleiben doch leicht unbefriedigt mit der Ahnung zurück, dass die Erklärung vielleicht doch nicht ganz trifft, was geschehen ist?
Es ist nicht überraschend, dass in einer Kultur wie der christlichen, in der die Annahme des primär negativen Charakters des Menschen - der Mensch ist böse und muss sich mit viel Anstrengung zu guten Taten durchringen - alles Denken durchdringt, marktförmige Erklärungsmuster sich durchsetzen. Der einzig erwähnte Theoretiker, der dissentiert, wird bezeichnenderweise als Buddhist vorgestellt. Diese Tendenz - dem Marktprinzip absolute Priorität einzuräumen - steht bekanntlichermassen, zuvorderst in den angelsächsischen, religiösen Denkstrukturen trotz scheinbar vollkommener Säkularisiering nach wie vor ausgesetzten Kulturen, in höchster Blüte. Verrate mir deine anthropologischen Grundannahmen und ich sage dir, was du über Altruismus denkst.
Unser Gehirn ist zuvorderst ein Problemlösungsorgan. Es ist daher sinnvoll Handeln nicht immer sofort in moralische Kategorien zu zwängen. Das führt in die Irre.