alle_guten_namen_sind_schon_weg schrieb am 07.09.2024 09:50:
Axel Farr schrieb am 06.09.2024 22:36:
Personen die im Westen nach wie vor die Sichtweise Russlands vertreten haben damals sehr vehement argumentiert, "man solle den Krieg einfrieren", damit das Töten aufhört (= ein Waffenstillstand ohne weitere Vorbedingungen).
Seit die Ukraine über 1000km² russisches Gebiet in der Region Kursk erobert hat sind diese Stimmen plötzlich verstummt. Woran das wohl liegt?
Aber vielleicht täusche ich mich auch und die guten Leute meinen nur, wenn's im Donbass so gut für Russland läuft kann man's ja weiter laufen lassen...
Der Wunsch nach einem Waffenstillstand war der Wunsch nach Frieden. Dass Du die Befürworter von Frieden als Unterstützer Russlands darstellst, ist Deine Aussage, aber nicht die Wahrheit.
Es ging um Forderungen nach einem unbedingten Waffenstillstand. Für einen Waffenstillstand selbst gibt es jeweils ziemlich konträre Vorbedingungen der beiden Kriegsparteien:
- Russland will die annektierten Oblaste komplett und eine feste Zusage des Westens, die Ukraine nicht weiter zu unterstützen
- die Ukraine will, dass die russischen Truppen das Staatsgebiet der Ukraine verlassen und braucht diesmal aber handfeste Sicherheitsgarantien, da leider einer der Vertragspartner des Budapester Memorandum von 1994 vertragsbrüchig geworden ist.
Das passt leider nicht zusammen oder es will zumindest keiner den Anfang machen, die Forderungen der anderen Seite zu erfüllen (wäre auch eine Lösung - Donbass und Krim entmilitarisieren...)
Der Ruf nach einem Waffenstillstand ist verstummt, weil nach der Kursk-Offensive klar ist, dass es keinen geben wird. Beide Seiten wollen keinen. Meiner Einschätzung nach wird das sehr schlecht für die Ukraine sein. Wir werden abwarten, ob es gelingt, den russischen Vormarsch aufzuhalten. Es ist jetzt seit über einem Jahr nicht gelungen, weil die Russen voll im Abnutzungskrieg sind, aber die Ukrainer immer noch qm zählen.
Ich denke, die Kursk-Offensive war der Versuch der Ukraine, einen Ausweg aus dem Abnutzungskrieg zu finden. Ob das funktioniert oder komplett schiefgeht werden wir in ein paar Monaten sehen.
Die Chancen für die Ukraine werden nicht besser. In 2 Wochen ist Landtagswahl in Brandenburg. Danach wird allgemeine Panik in Deutschland angesagt sein. Da Hr. Merz wirklich gerne Kanzler sein möchte, wird er wahrscheinlich nicht mit dem slogan "Weltkriege sind wie Ehefrauen: beim 3. Mal klappt es bestimmt" in den Wahlkampf ziehen, sondern wieder mehr mit seiner "Wirtschaftskompetenz" Werbung machen. Er würde ja gerne helfen, aber "schwarze Null" und so... Geht leider nicht anders. Kann man nichts machen. In den USA wird das nicht anders sein. Harris wird ihre Kriegsbegeisterung auch herunterfahren, weil sie wirklich gerne Präsidentin werden will und die Amerikaner eher die Schnauze voll haben vom Krieg.
Wie willst Du einen Krieg zwischen Russland und der NATO verhindern wenn Russland absichtlich auf ihn zusteuern möchte? Bevor die NATO die von Russland im Herbst 2021 geforderten Bedingungen erfüllt werden mehrere Staaten in Mittel- und Osteuropa sehr ernsthaft über eine personelle Unterstützung der Ukraine nachdenken.
Bevor z.B. Polen den Schutz durch NATO-Truppen im eigenen Land verliert wird es sicherlich alles dransetzen, dass die Ukraine den Krieg nicht verliert. Bis jetzt kann die NATO noch solche Engagements mit dem Argument abwehren: "Hört zu, wir stehen zusammen. Aber damit wir zusammenstehen, darf keiner einen Scheiß machen!".
Wenn die NATO aber den Forderungen Russlands nachzukommen gedenkt, dass man alle Truppen die man nach 1990 in die neuen Mitgliedsländer verlegt hat wieder nach Westen zurückzieht - dann würde das faktisch bedeuten, dass die NATO bei einem Angriff Russlands NICHT mehr automatisch antworten würde und dann der Zustand erreicht wäre, den Macron 2019 mit "die NATO ist hirntot" treffend zusammengefasst hatte.
Wer jetzt meint, dass die NATO ja nicht im Krieg mit Russland stünde sollte sich mal russisches Propaganda-TV der letzten 2 Jahre zu Gemüte führen. Da wird jedem ordentlichen Russen täglich lang und breit erklärt, dass die ach so glanzvolle russische Armee ja gegen die NATO und den bösen Westen kämpft und nur zuerst die armen, verführten Ukrainer befreien müsse.
Unter solchen Gesichtspunkten betrachtet ist die Handlungsweise des Westens plötzlich gar nicht mehr so irreal. Die Ukraine unterstützen, so dass diese den Kampf möglichst effektiv fortsetzen kann. Russland immer weiter sich mit dem Krieg beschäftigen lassen, so dass von seiner militärischen Stärke möglichst wenig für den Westen gefährliches übrig bleibt.
Dass Du die Kosten des Krieges ansprichts, da hast Du Recht - da fließen ungeheure Summen hinein, die man gerne für andere Dinge ausgeben würde. Aber die Geldsorgen plagen nicht nur die westlichen Länder, auch Russland hat darunter massiv zu leiden - wegen hoher Energie- und Narungsmittelpreise aber auch viele andere Länder auf der Welt.