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  • /Rak

mehr als 1000 Beiträge seit 26.10.2001

Riefenstahl hat die "Nazi-Ästhetik" dabei nicht mal wirklich erfunden...

.. , denn diese typische Nazi-Massen-Ästhetik mit hunderten und tausenden Nazis, die alle in Reih und Glied stramm stehen und mit völlig überdimesionierten Bannern und Fahnen und Feuerschalen usw. geht vielmehr zurück auf die Ästhetik von A. Speer, der die Reichsparteitage zusammen mit dem möchtegern-Architekten Hitler höchstpersönlich geplant und umgesetzt hat, mit einem absolut überdimensionierten Parteitagsgelände, das ganz speziell für diese Inszenierung gebaut wurde über mehrere Jahre hinweg. Wobei auch Hitler selbst dann bei mehreren Pseudo-Dokumentationen (wie "Triumph des Willens" ) schon auch sehr aktiv beteiligt war im Hintergrund - und Riefenstahl hat dann mit den filmischen Mittel der damaligen Zeit eben seine Vorstellungen vor allem nach Hitlers Wünschen umgesetzt.
Und dabei eben auch auf ganz typische Elemente aus dem Film der 1920er gesetzt, die damals noch relativ neu waren - wie etwa die "fliegende Kamera" bzw. "freie Kamera" (eben nicht auf einem fixen Stativ, sondern an einem Kran oder frei Hand getragen usw.), aber auch dramatische Perspektiven aus der Untersicht oder Froschperspektive oder der Totalen von sehr weit oben, die aber z.B. Kameramann Allgeier oft schon in seinen Bergfilmen eingesetzt hatte um die Mächtigkeit von Berggipfeln zu betonen oder um kleine (künstliche) Lawinen dramatischer und größer erscheinen zu lassen. Ungewohnte und expressionistische Kameraführungen und gezielten Symbolismus in den Bildern gab es aber auch schon davor etwa bei Murnau, etwa bei seinem Faust und erst recht bei Wiene und natürlich seinem Dr. Caligari.
Und Riefenstahl (die ja zuvor als Schauspielerin schon mit Fanck und Allgeier zusammengearbeitet hatte) hat hier in dieser Hinsicht nichts wirklich komplett neues erfunden. Sondern vor allem eben die von Speer und Hitler geplante Inszenierung filmisch umgesetzt - und dann auch vor allem durch eine entsprechend perfekt abgestimmte Musikuntermalung und durch sehr gekonnte Schnitte und Überblendungen noch mal verdichtet und gerade dadurch dann dabei auch die Kerngedanken des Nationalsozialismus in ihren "Dokumentationen" sehr deutlich unterstrichen. Was sie wohl so in der Form nicht gekonnt hätte, wäre sie absolut unpolitisch gewesen und hätte sie keine Ahnung gehabt von dem, was hinter dem ganzen nationalsozialistischen Prinzip und dem Führerstaat steht. Weil das eben schon noch deutlich mehr ist als nur "Weltherrschaft erringen" und "Deutsche Vorherrschaft" und bisschen tumber Rassismus. Riefenstahl arbeitet da eben nicht nur das "Staat über allem" Prinzip heraus - sondern auch durchaus die geradezu schicksalhafte Gemeinschaft eines Volkes. Etwa beim Triumph des Willens in der Szene mit den Arbeitsfront-Männern und ihren Ordonanzspaten ("Kamerad, woher kommst DU?" "Von der Waterkant/von der Donau/usw. usw."), die wirklich perfekt geschnitten und gedreht wurde.

Und diese intensive Präsentationen von NS-Gedankengut in ihren Werken aus dieser Zeit legen dann schon sehr nahe, dass Riefenstahl da nicht einfach nur einen Auftrag erledigt hat, sie muss sich da schon durchaus bestens mit der Materie und dem NS-Gedankengut an sich ausgekannt haben und muss wohl auch Teile davon schon verinnerlicht haben - selbst wenn sie sich Hitler geradezu angedient hat um an Aufträge und Geld für ihre Projekte zu bekommen. Denn da sind eben nicht nur bis gar nicht die typischen damaligen NS-Oberflächlichkeiten in den Propagandafilmen zu sehen. Da ist auch kaum typische Holzhammer-Goebbels Propaganda zu sehen, selbst wenn da einige Redner mit entsprechender Rhetorik gezeigt werden. Riefenstahl versucht hier mit ihrem Film ganz gezielt die Zuschauer durch Musik und Schnitt regelrecht zu manipulieren. (Es sind ja auch keine wirklichen Dokumentation, es sind "Dokumentation"von Parteitagen, die in ganzen Teilen so gar nicht in dieser Reihenfolge oder gar nicht wirklich stattgefunden haben auf dem Parteitag. Wie etwa die "Spaten-Szene", die von Riefenstahl nachgedreht wurde. Ähnlich, wie sie das auch bei den Olympischen Spielen gemacht hat, wo sie auch ganz gezielt "Deutsche Athleten" nachinszeniert und in den Film geschnitten hat.

Von "unschuldig" kann also meiner Meinung nach überhaupt keine Rede sein, auch wenn man natürlich anerkennen muss, dass sie zwar eine grottige Schauspielerin, aber sehr wohl eine höchst talentierte Filmemacherin war, die aber eben ihre Seele an den Teufel verkauft und wohl an das geglaubt hat, was sie da so zeigt in ihren Werken aus der Zeit.
Glaubhaft ist allerdings auch ein Gesinnungswandel nach dem Krieg - denn auch da muss man nur ihre Werke genauer anschauen um zu erkennen, dass da eben auch keine NS-Ideologie mehr im Spiel ist bei ihren Filmen - aber immer noch ein gewisses expressionistisches Element. Und ein Spiel mit den Perspektiven und Schnitten.

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