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307 Beiträge seit 20.03.2002

Haßt! Die Liebe ist machtlos geworden

http://textuebertext.de/Bibliothek/Prosaisches/fernau.html

Joachim Fernau ; aus "Halleluja Amerika"

Merken Sie sich: In den Vereinigten Staaten muß immer die Rechnung
stimmen; die Moral kommt später und von selbst. Eine böse Bemerkung!
Ich werde Ihnen auch sagen, warum ich sie so wichtig nehme und
hingeschrieben habe: Hamilton hatte damals bewußt den Gedanken, das
Geldwesen zum Fundament der Vereinigten Staaten und der Macht der
Zentralregierung zu machen. Das war der Hebel, der ihm zur Verfügung
stand, und er setzte ihn an, er war ihm adäquat, er war seines
Geistes. “Vom Geld her in Gang setzen”, das ist seitdem tief
verwurzelt im amerikanischen Menschen, es ist der Stern von
Bethlehem, der ihnen einst erschien und an den zu glabuen sie bis
heute verdammt sind. Das Bankkonto ist der Adelsbrief Amerikas
geworden. Ein schäbiger, aber ein beweiskräftiger für einen
Calvinisten, denn Gott ist mit den Reichen.

(...)
“Amerika ist zum Albtraum der Welt geworden” (Toynbee).

Was sollen wir tun? Zu spät! Die Welt ist hypnotisiert, die Lemminge
rennen auf das Ende zu, sie sind nicht aufzuhalten.
Was wollen wir auch retten? Was denn? Was wollen wir bewahren? Unser
Vaterland? Was ist das? Die Erde? Der Acker? Die Städte? Die
Fabriken? Die Banken? Die Atommeiler? Die Partei-Silos?
Was ist des Deutschen Vaterland?
Ach, meine verratenen Freunde, ich glaube, es war unsere Seele. Die
ist es, die sie zerstört haben.


“Ich liebe die großen Verachtenden, weil sie die großen Verehrenden
sind und Pfeile der Sehnsucht sind nach dem anderen Ufer”, hat
Nietzsche bekannt, “ich liebe alle die, welche wie einzelne schwere
Tropfen sind, fallend aus der dunklen Wolke, die über den Menschen
hängt: Sie verkünden, daß der Blitz kommt, und werden wohl als
Verkünder zugrunde gehn.”
Darum verliert kein Mitleid! Ich sage: Haßt! Haßt, was da über uns
kommt! Wenn ich das sage, mache ich nicht in Wahrheit Platz für die
Liebe?
Ja, wer liebt, muß zugleich verwerfen.
Deshalb, aus Liebe zu dem, wonach wir hungern und was man
kaputtgemacht hat, deshalb sage ich: Haßt! Die Liebe ist machtlos
geworden.
Dort drüben, jenseits des Ozeans, steht der Schuldige.

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