Die Organisation, die Bill Gates vorschlägt, haben wir im Prinzip schon: Die WHO sollte eigentlich im wesentlichen die Aufgaben abdecken, die Herr Gates in Angriff nehmen will. Dafür gibt es eine Organisation, Personal und Budget, und zumindest eine gewisse internationale Unterstützung. Was fehlt, könnte man aufbauen.
Das Problem ist nur, dass internationale Zusammenarbeit gerade out ist. Der amerikanische Präsident trägt sicher einen Teil der Schuld, China und Russland wohl auch. Am Bespiel EU sieht man jedoch, dass die Krise tiefer geht: Nicht einmal in Europa schaffen wir es, bei kritischen Fragen einen Minimalkonsens zu bekommen. Egal, ob es um demokratische Prinzipien geht, um Budgets, um die Ernennung von Richtern oder um Hilfsfonds: Es fehlt eine gemeinsame Basis, eine Bereitschaft, auch nur minimale Zugeständnisse zu machen, wenn man durch Quertreiben eigene Vorteile hat.
Das eine Problem bei Corona war das richtige Timing von Isolationsmassnahmen. Im Nachhinein wären Grenzschließungen und ein Verbot von Karneval, Fussball und Reisen in die Nähe von Norditalien eine gute Idee gewesen: Vielleicht hätten wir gar kein Corona in Deutschland. Aber hätten die Politiker, die Karneval verboten und uns Corona erspart hätten, die Entscheidung überlebt? Noch extremer: Hätten wir uns von einer WHO vorschreiben lassen, Karneval dieses Jahr ausfallen zu lassen?
Das zweite Problem sind die Eigeninteressen. Auf die mexikanische Grippe waren wir dank WHO perfekt vorbereitet. So perfekt, dass es nie eine Pandemie gab. Waren die WHO-Massnahmen so erfolgreich, oder hatte sich die WHO von Pharma-Lobbyisten einwickeln lassen? Da die Krise ausblieb, und einige Pharmafirmen mit Impfstoffen den großen Reibach gemacht haben, wiegen die Vorwürfe gegen die WHO schwer.
Es wäre zu hoffen, dass Gates Vorschläge auf offene Ohren treffen. Taiwan, Südkorea und andere Länder haben gezeigt, dass man mit vertretbarem Aufwand einen Ausbruch von Pandemien verhindern kann. Und Gates hat Recht mit der Einschätzung, dass solche Massnahmen mit einem Bruchteil unserer Verteidungsbudgets finanziert werden könnten.
Wenn man denn wollte.