fh1 schrieb am 06.05.2020 14:59:
Hier gehts um DOS! Das ist eindeutig von Gary Kildall entwickelt worden.
Nein, von Kildall stammt CP/M, was als Betriebssystem für Microprozessoren (8080 und Co) mit ein paar kB Speicher gedacht war, und von damaligen Betriebssystemen für deutlich größere und teurere DEC-Systeme (z.B. RT-11 für die PDP-11) inspiriert war. Das unsägliche PIP zum Kopieren von Dateien (erst bei Microsoft gab es dann einen Befehl "COPY") hat CP/M auch von dort übernommen.
Tim Patterson hat bei 86-DOS zwar das API und den grundlegenden Aufbau (BIOS/BDOS/CCP') von CP/M übernommen, das FAT-Dateisystem aber war z.B. von Microsoft, die Shell Kommandos waren benutzerfreundlicher (COPY, TYPE, etc).
Und ab MS-DOS 2.0 kam eine Fülle von neuen Features dazu, die sich vorwiegend an Unix anlehnten. Z.B. Filehandles (statt der File Control Blocks wie bei CP/M), Unterverzeichnisse, Unterstützung für Festplatten, und Programme größer als 64kB (.EXE).
Mag ja sein, dass Gary Kildall das Geheimnis um das Dollar-Zeichen als Terminator in Funktion 9 mit ins Grab genommen hat, aber diese alten Funktionen hat eh niemand mehr benutzt.
Steht alles auch bei Wikipedia. ;-)
https://en.wikipedia.org/wiki/CP/M
https://en.wikipedia.org/wiki/MS-DOS
https://en.wikipedia.org/wiki/File_Control_Block
Dennis Ritchie und Ken Thompson haben Unix entwickelt incl. C, das ist ein ganz anderer Strang.
Da waren noch einige andere Leute dran beteiligt. Forschung und Entwicklung ist Teamarbeit, man kann zwar einzelne Leute auf einen Sockel stellen und anbeten, aber man sollte das Umfeld nicht ganz vergessen. Wie war das noch mal mit den Schultern von Riesen? :-)
Rob Pike, ein weiteres Mitglied des "Unix Lab" bei Bell, hat 2000 übrigens ein sehr interessantes Paper geschrieben. Aber ich schweife ab.
http://doc.cat-v.org/bell_labs/utah2000/utah2000.pdf
Windows basiert übrigens auf VMS von DEC, welches von Dave Cutler entwickelt wurde und den dann Gates einkaufte, für die Entwicklung von NT und Win2000, WXP etc..
Bis heute soll VMS Code von Cutler 1:1 in Win10 stecken.
Windows basiert nicht auf VMS. Das Windows-API entstand Anfang der Achtziger bei Microsoft. Schon Windows 1.0 war ein komplettes Betriebssystem, mit eigenem (kooperativem) Multitasking, eigener Speicherverwaltung, etc. Microsoft hätte Windows auch relativ leicht auf Xenix portieren können, wenn MS-DOS/PC-DOS nicht so ein Erfolg geworden wäre.
Dave Cutler war Ende der Achtziger bei DEC damit beschäftigt, einen Nachfolger für VMS namens Mica für einen neuen Prozessor namens Prism zu entwickeln. Die Entwicklung des Prozessors wurde eingestellt, Cutler wechselte mit seinem Team zu Microsoft. Insofern finden sich im "Unterbau" von Windows NT durchaus Ähnlichkeiten zu VMS bzw. Mica. Mit dem GUI, dem Windows-API, NTFS und einigem mehr hatten Cutler bzw. VMS nichts zu tun.
https://en.wikipedia.org/wiki/Dave_Cutler
Von Apple hat er die Windows Idee gestohlen, von Xerox die Maus etc ....
Microsoft hat ebenso wie Apple und andere Firmen Leute vom PARC abgeworben, die am Star und am Alto mitgearbeitet haben. Ein prominentes Beispiel ist Charles Simonyi, der bei Microsoft zum Milliardär wurde und später dann als 5. Weltraumtourist auf der ISS war.
https://en.wikipedia.org/wiki/Charles_Simonyi
Vom PARC gingen fraglos die entscheidenden Impulse für die Entwicklung von GUIs aus, aber ich finde es auch da zu einfach, die ganze Entwicklung und Arbeit darauf zu reduzieren.
Man kann also sagen, die großen Computer-Genies waren: Cutler, Kildall und Ritchie/Thompson
Hatte ich schon gesagt, dass ich das für eine übertriebene Simplifizierung und eine sehr unvollständige Liste halte? ;-)
Gates ganz sicher nicht, aber das wissen die Wenigsten.
Ich halte Gates schon für einen brillianten Kopf und eine sehr interessante Mischung aus Nerd und Visionär (Manager ist irgendwie das falsche Wort). Apple wurde gegründet vom "Nerd" Wozniak und dem "Visionär" Jobs, schon beim Mac spielte Wozniak eine untergeordnete Rolle. Kildall gehört auch eher in die Kategorie Nerd, als Geschäftsmann war er wenig erfolgreich. Cutler ebenso, wobei er nie versucht hat, seine Entwicklungen selber zu vermarkten. (Linus Torvalds würde ich übrigens auch in die Kategorie stecken.)
Gates ist einfach ein Kopierer, er hat selbst nichts auf die Reihe gekriegt, außer, dass er die intelectual property anderer stahl.
Ich verstehe diesen Hass auf Bill Gates nicht. Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als IBM die gesamte IT-Branche dominierte und terrorisierte. Das war damals schon ein gigantischer Konzern mit mehr als 300.000 Mitarbeitern und fast 30 Milliarden Umsatz, als Microsoft oder Apple nur winzige Startups waren. Und aus der Perspektive war die Sympathie in diesem Kampf David gegen Goliath klar bei den Kleineren.
https://www.ibm.com/ibm/history/history/year_1980.html
Microsoft war die erste Firma, die im großen Stil Nerds einstellte oder - anders als IBM und die anderen Mainframe-Firmen - keine großen formalen Anforderungen an Kleidung oder Arbeitszeiten stellte: die Microsoft-Entwickler konnten tragen und arbeiten, wann und wie sie wollten. In gewisser Weise war Microsoft das, was Google 20 Jahre später war, der coole Aufsteiger, der den Großen, Etablierten ordentlich in den Arsch trat. Und wenn das über längere Zeit erfolgreich klappt, werden halt die Aufsteiger zu den Großen, Etablierten.