Ignoramus-et-Ignorabimus schrieb am 20.10.2022 08:56:
_Peter_ schrieb am 20.10.2022 08:08:
... dass sie das billionenschwere Waffenarsenal der NATO obsolet machen.
Selbst die Tagesschau schreibt zu der neuen Wunderwaffe IRIS-T SLM: "Das Luftabwehrsystem ist mobil und kann seinen Standort schnell wechseln, wenn es vom Gegner ausgekundschaftet wurde. Die Anlage ist dann in kurzer Zeit wieder feuerbereit. Einen 100-prozentigen Schutz gibt es aber nicht. So können Täuschkörper eine einzelne Rakete ablenken oder eine Überzahl angreifender Objekte die Sensoren oder das ganze System zahlenmäßig überfordern. "
https://www.tagesschau.de/inland/iris-t-101.html
Das System kostet 140 Millionen, die Raketen sind knapp drei Meter lang und 88 Kilogramm schwer. Stückkosten 400000 Euro.Wenn man die Hälfte des Raketenpreises ein Dutzend Billigdrohnen kauft, kann IRIS-T SLM wahlweise Raketen im Wert von 5 Millionen Euro verballern (und nebenbei seinen Standort verraten, dann ist es Geschichte. Wobei das Abschießen eines halben Dutzend Drohnen nicht so einfach ist, IRIS-T SLM hat nur drei Raketenwerfer. Wenn es nur drei von zwölf Drohnen abschießt, bleiben neun Drohnen übrig, die dann ziemlich sauer sein werden auf das IRIS-T SLM - System ...
Oder man akzeptiert, dass die Wunderwaffe gegen Drohnenschwärme leider nichts ausrichten kann, und hält still, während die Drohen das nächste Kraftwerk abschalten oder den Präsidentenpalast.
Bei Panzern oder Soldaten sieht es nicht besser aus, wie man beim Krieg Azerbaidschan - Armenien gesehen hat.
Die NATO hat prächtige High-Tech-Waffen, gegen die Gegner keine Chance haben. Wenn die Gegner ebenfalls mit High-Tech-Waffen angreifen. Die Achillesferse der NATO ist ihre Schwäche gegen Angriffe mit großen Mengen von Billigwaffen. Egal, ob das AK 47 und IEDs in Afghanistan waren, oder Killerdrohnen als nächste Waffengeneration.
das ist ein temporäres Problem. Diese Billigdrohnen haben ausser ihrer geringen Grösse ja keinerlei Eigenschutz. Da reichen auch alte Rohrwaffen Abwehrsysteme, etwa mit AHEAD Munition, aus, die abzuschiessen. Das Problem im Moment ist, die hat fast keiner mehr. Weil die gegen SSMs oder AGMs relativ wirkungslos sind und sich auch nicht in eine moderne Verbundluftabwehr integrieren lassen, wurden die alle ausgemustert. So ja auch der Gepard, eine Entwicklung aus den 60er Jahren, die aber effektiv gegen solche Drohnen ist. Nur werden die reaktivierten Teile, die an die Ukraine geliefert wurden, dort an der Front gebraucht, und stehen zum Schutz von Infrastruktur nicht zur Verfügung.
Es gibt aber auch neuere Entwicklungen, die ähnliche Eigenschaften wie das Rohrwaffen basierte Mantis System haben, aber mobil sind, etwa das SkyRanger von Rheinmetal.
Die Idee, dass Massen solcher Billigdrohnen ein mittelfristiger Gamechanger wären, ist nicht sehr überzeugend. Deren Vorteil im Augenblick ist eben, dass sie bisher keine besonders grosse Rolle gespielt haben, so dass man eben auf die Entwicklung und Beschaffung spezifischer Abwehrsysteme, die dann auch ein akzeptables Kosten-Nutzen Verhältnis haben, verzichtet hat. Ausnahme ist, glaube ich, Israel. Es ist aber nicht so, dass die Technologie zur Abwehr solcher Drohnen nicht vorhanden wäre.
Das größte Problem für die Drohnenabwehr - in welcher Form auch immer - sind Überlastungsangriffe.
Die Macht der Zahlen
Eine einfache Beispielsrechnung, bei der jeder die einzelnen Faktoren auch selber anpassen kann.
Man kann mit heutiger ziviler Technologie eine autonome (ohne Funksteuerung) Köderdrohne mit GPS und mit rund 120 km/h bei 30 km Reichweite zu einem Preis zwischen 1000 und 2000€ bekommen. Eine solche Drohne schafft 2 km pro Minute - kann also bei einer Feuerreichweite von 6 km (typisch für Rohrwaffen) - diese Distanz in 3 Minuten überwinden. Angenommen das Geschütz kann alle 5 Sekunden eine Drohne abschiessen (also Entfernungsmessung + Ausrichtung der Waffe + Flugzeit Granate bei 1000 m/s + Beobachtung, ob getroffen wurde + ggf. Nachladezeit)). 5 Sekunden ist da imho schon sehr optimistisch. Also kann die Kanone in 3 Minuten maximal 36 Drohnen abschiessen, falls der Schwarm koordiniert in den Feuerbereich eindringt.
Werden mehr als 36 Drohnen geschickt - und mischt darunter die teure Loitering Ammunition - dann ist die Flugabwehr erledigt, weil sie eben nicht alle Drohnen erwischen kann bis eine Drohne durchkommt.
Funkstörung mag bei der heutigen Generation von Drohnen funktionieren, aber eben nicht bei modernen Systemen mit KI zu Objekterkennung und zusätzlicher Trägheitsnavigation um z.B. GPS Störungen auszugleichen. KI Boards mit ausreichender Leistung gibt es bereits ab 200 €.
Rein von den Zahlen her kann also ein Schwarmangriff für 100.000 € ein um den Faktor 100 kostspieligeres Flugabwehrsystem zerstören.
Und das ist noch die optimistische Variante. Denn es spricht nicht dagegen, den Drohnen auch noch den Flug in Bodennähe beizubringen - dazu brauch es nur gutes Kartenmaterial und plötzlich werden bei ungünstiger Landschaft aus 6 km Feuerreichweite wegen eines Hügels dann nur 2 km, weil die Drohne in 10 m Höhe gedeckt durch den Hügel anfliegen kann. Und es gibt bereits funktionierende Proof of Concepts, wo eine Drohne auf dem Weg zu ihrem Ziel autonom durch einen Wald fliegen kann.
https://www.youtube.com/watch?v=NiAGZAqww24