Manipulator

Beckers Kriterium, zwischen Rationalität und Irrationalität zu unterscheiden, bleibt unausgesprochen. Seine Antworten behaupten nur, argumentieren nicht. Einiges an Namedropping, ohne auch nur ein einziges Mal sich auf einen konkreten Inhalt zu berufen. Wabernde Begriffe, namentlich 'links' und 'Dialektik', 'Utopie'. Kein Mensch weiss nach der Lektüre, was er sich darunter konkret vorstellt. Statt sie mit Inhalt zu füllen, empfiehlt er bei dem und dem Autor nachzulesen. Irgendwas, auch da ohne spezifisch zu werden.

Kritik an Polen bügelt er als Westsplaining ab, mit Verweis auf eine freie Entscheidung, als ob dadurch, dass eine Entscheidung 'frei' - was immer das im Einzelfall bedeutet - getroffen worden ist, sie notwendigerweise korrekt wäre.

Indem er auf die beiden Warschauer Aufstände hinweist, äussert er wohl verklausuliert seine Sicht, dass die Ukraine chancenlos sei, gleichzeitig die Russen mit den Nazis gleichsetzend, ohne es direkt sagen zu müssen. Eine Sicht der Dinge, die unausgesprochen, angedeutet im Kolakowski-Zitat durch das gesamte Interview geistert. Implizit wird die irrationale ukrainische Weigerung, dem Krieg durch Kapitulation ein Ende zu setzen als irgendeine Menschlichkeit beweisende Dialektik geadelt, souverän über die Geopferten hinweggehend, so wie er es auch bezüglich Warschau tut.

Denn als Katholik weiss er, dass das Opferlamm rein ist und diese Welt ohnehin nur ein Zwischenaufenthaltsort.

Abschliessend doch noch eine flüchtige Konkretisierung des Kolakowski-Zitats durch die Abqualifikation russischen Verhaltens als 'Stammeskrieg'. Spätestens seit der Aufklärung 'wissen' die Europäer ja, dass die Horden aus der asiatischen Steppe unzivilisiert seien und daran hat sich seitdem nichts geändert.

In der Tat versteht Becker es, mit wenig Aufwand einen Subdiskurs zu führen, der umso besser wirkt, je unbemerkter er bleibt. Ein Manipulator vor dem Herrn. Als solcher ist er für Relotius-Medien wie die nzz nützlich.