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  • Djaxa

mehr als 1000 Beiträge seit 13.04.2000

Re: Nachdenken ist nicht extremistisch, aber ...

Chris Lock schrieb am 11.04.2023 10:26:

... leider wird viel zu oft ohne Sachkenntnis diskutiert. Kapitalismus bedeutet vereinfacht, dass Privatpersonen und Unternehmen Kapital ansammeln dürfen, um damit zu wirtschaften.

Das gab es bereits im Feudalismus und auch schon davor.

Das Wirtschaften erfolgt am Markt.

Wie schon geschrieben, der Markt ist keine Erfindung des Kapitalismus. Auf dem Markt wurden ursprünglich nur Waren gegen Waren getauscht. Später kamen Äquivalente, wie Geld gegen Ware. Einen Markt gibt es auch in jeder Gesellschaft...

Der Markt ist demokratisch, denn die Mehrheit bestimmt darüber, was produziert werden soll.

Aua, jetzt wird's gefährlich...
Bekannter Maßen kann auch der am meisten verkaufen, der am lautesten schreit. Das heißt nicht, dass die Ware besser wäre. Abgesehen davon, dass sich die Mehrheit auf der Welt viele Produkte garnicht leisten kann, die von ihr produziert werden.

Wer das falsche produziert oder nicht zum richtigen Preis, der verschwindet vom Markt.

Ja, das sehe ich gerade. Waffen und Überwachungstechnik boomen grad. Die Mehrheit bestimmt gerade nicht darüber, dass das produziert werden soll, die braucht das nicht. Dies wird von Regierungen - eben kapitalistischer - Staaten bestimmt, die von den Steuergeldern Rüstung und Überwachung finanzieren und _ohne_ Mitsprache der Mehrheit über diese verfügen.

Abgesehen davon ist die Überlebenschance neuer Unternehmen, die kreativ auf dem Markt reagieren, mit Neuerungen kommen, fortschrittliche Ideen verkörpern meist sehr begrenzt. Innerhalb kürzester Zeit haben sie die Wahl, sich aufkaufen zu lassen oder platt gemacht zu werden.

Der Markt und damit der Kapitalismus ist das einzige Wirtschaftssystem, das einer Demokratie angemessen ist.

Demokratie impliziert nicht Kapitalismus. Bereits im alten Griechenland gab es Demokratie.

Kapitalistmus impliziert Versuche von Missbrauch und Auftreten von Ungleichgewichten.

Also benötigt man ein System, das dies grundsätzlich nicht impliziert. Ich behaupte jetzt nicht, dass ich eins wüsste. Aber man müsste sich Gedanken darüber machen und nicht einfach sagen, so wie es ist, ist es schick...

Also benötigt der Kapitalismus ein Gesellschaftssystem, welche Kapital und Markt Grenzen setzt und Auswüchse vermeidet bzw. bekämpft.

Wo siehst du die? Kartellämter sind inzwischen zahnlos. Es gibt letztendlich manchmal ein Aufbäumen aber dann knicken die Regulierungsbehörden meist ein.

Das will die Soziale Marktwirtschaft erreichen, welche darüber hinaus für eine breite Verteilung des am Markt erzielten Wohlstandes sorgen will. Das hat in Deutschland 75 Jahre sehr erfolgreich funktioniert. Jeder, der die Welt bereist hat, kann das bestätigen.

Das hat selbst in Deutschland nie geklappt. Es war ein Alibi in Konkurrenz zum Nachbarsystem in der DDR, um dem Kapitalismus soziale Aspekte hinzuzufügen. Seit die DDR tot ist, wird diese Alibi-Funktion rapide abgebaut.

Wer sich vom Kapitalismus abwendet, muss ein unfreies Gesellschaftssystem haben oder etablieren, beides geht nicht zusammen.

Der Kapitalismus ist ein unfreies System. Er zerstört Umwelt, privatisiert Gemeingüter, wie Luft, Wasser, Boden, Rohstoffe, die nie Eigentum einzelner sein können. Er lässt Lohndumping zu und versucht an allen Ecken und Enden das Letzte aus seinen Arbeitskräften rauszupressen. Staaten, die ein gewisses Sozialniveau sich erkämpft haben, werden gemieden oder man zwingt sie dazu, dieses Niveau zu senken, wie gerade Apple in Indien.
https://www.heise.de/news/Arbeitsmarktreformen-Apple-will-laengere-Arbeitszeiten-fuer-ganz-Indien-7618700.html

Insofern ist zwar nicht das Nachdenken extremistisch, der Wille zur Abschaffung eines freiheitlichen Gesellschaftssystems oder die Enthebung von der freien Entscheidung des Einzelnen über seinen Konsum schon.

Allerdings ist der Wille, den Kapitalismus zu überwinden, kein Wille zur Abschaffung eines freiheitlichen Gesellschaftssystems.
Und eine freie Entscheidung des Einzelnen über seinen Konsum gibt es momentan auch nur begrenzt.
Der derzeitige Finanzkapitalismus stellt die Bedeutung des Individuums über alles andere. Das ist zutiefst egozentrisch. Ein sinnvolles System würde aber Individuum und Gemeinschaft gleich wichten und Rücksicht auf seinen Gegenüber, Umwelt und Natur nehmen, um sich nicht selbst zu zerstören. Der Kapitalismus hat von Anfang an gezeigt, dass er selbstzerstörerisch unterwegs ist und bisher nur durch Revolutionen eingegrenzt wurde.

Djaxa
P.S.:
Nenne mir mal einen Staat auf der Welt, der nicht irgendwie kapitalistisch ist.
Selbst China ist größtenteils kapitalistisch. Der Staat greift dort nur nach eigenem Gusto regulierend ein, wenn das System in seinen Augen über die Stränge schlägt. Aber eine Regulierung irgendwelcher Art gestehst selbst du ein.

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