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  • Ice Tea

217 Beiträge seit 10.07.2020

Nicht den Souverän verwechseln

Die komische Bezeichnung "Vaterland" ist vielleicht durch ihre auffällige Benutzung in vorwiegend konservativen Kreisen, steinerne Grab- und Denkmäler, oder die gedanklichen Verbindungen zu Reichs-Zeiten aus dem gängigen Vokabular gestrichen worden, kommt aber hier den zeitgemäß wohlfeileren Wörtern "Nation", "Heimat", "Unser Land" gleich. Gemeint ist das Denken im nationalen Kollektiv verbunden mit dem individuellen Bekenntnis zu einer nationalen "Volkszugehörigkeit". Die gilt ja auch den alternativen monarchistischen Staatsgründern und Reichsbürgern, die damit hausieren, als nicht so end-gültige Angelegenheit und wird nicht selten in Frage gestellt.
Soviel, dass "Staat ein Gewaltmonopol und Wirtschaftsstandort" ist, wissen die schon. Auch deswegen wollen sie aus dem existierenden "deutschen Gemeinwesen", das ihnen als politisch falsch regierter Standort nicht gefällt, ja raus und möchten gerne auf einem eigenem Territorium ihre eigenen Gesetze und Geldquellen aufmachen.

Der gedankliche "Trick" ist der zu behaupten, der aktuelle Staat mit all seinen Institutionen, Gesetzen und gültigen Regelungen sei gar nicht der reale nationale Souverän, der sein Volk eben für die von ihm vorgesehenen nützlichen Dienste und Aufgaben durchorganisiert. Rechtsalternative Staatsbürger stellen dieses Verhältnis ideell auf den Kopf, halten das Volk aufgrund seiner wahlfreien Zustimmung für den "eigentlichen Souverän" dessen angeblichen Aufträgen die schlechten Politiker angeblich nur nicht richtig Folge leisten und werden mitunter auch kritisch über ihre Volkszugehörigkeit, z.B. wenn ihnen die mehrheitlichen Meinungen dieses statistisch untersuchten Volkes zu Flüchtlingen und Ausländern so gar nicht akzeptabel erscheinen. An solchen Stellen wird auf die sonst behauptete Identität des Volkswillens gerne gepfiffen und die ansonsten vereinnahmten Volksgenossen werden dann eher als "verblödet", "geisteskrank" oder "manipuliert" dargestellt. Keiner der Volksdenker würde da die Klappe halten und sagen 'Gut, das Volk will's wohl so'. Von statistischen Befragungen des Volkswillens machen sich im Übrigen auch andere alternative Patrioten, die auf einer Programmänderung der etablierten und gewählten Politik bestehen, nicht abhängig, wenn sie ihre Minderheitspositionen für's große Ganze rechts-verbindlich machen wollen.

Die Vorstellung eines 'deutschen Wesens', das irgendwie "immer sein wird" und "Heimat" noch dazu - ganz unäbhängig von den historischen Entwicklungen verschiedener deutscher Staatsgebilde, klingt nicht nur recht esoterisch, es macht sich auch frei von jeder Begutachtung von Auswanderungen früher bis heute, frei von jeder Prüfung der Lebensbedingungen, die einem so eine Heimat "bietet" - oder auch nicht, und auch frei davon, ob die behaupteten Gemeinsamkeiten im Volk tatsächlich aufzufinden sind. Wenn's nur zwei oder drei gäbe, hätte man sich in den paar hundert Jahren seit es moderne Nationalstaaten gibt vielleicht mal auf diese einigen können. Aber selbst Sprache, Herkunft, Sitten sind bis heute als behauptete Gemeinsamkeiten strittig und keine Begründung einer erziehungsfreien"Identität", schon gar nicht wenn man sich anhört, was Nachbarn z.B. sich in gleicher Sprache so zu sagen haben.
Da nützen weiter ausgebaute Analogien zu ausgesuchten Gleichnissen der "Familien"-Verhältnisse, in denen man angeblich "unlöschbar geprägt" wird auch nichts. Es gibt viele (Familien), die sich auf verschiedenen Wegen verlieren und manche enden einfach im Nichts.

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