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  • Guckstu

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Re: Aua

Robert Rabe schrieb am 29.06.2024 16:13:

Ich glaube schon, dass ein längerer Stromausfall heute viel verheerender wäre als in den 70ern.
- nach einem längeren Stromausfall bricht heute die Telekommunikation komplett zusammen (das Telefonnetz in den 70ern hatte eine eigene Stromversorgung)

Mobilfunkmasten haben gern eine Notstromversorgung.

https://blackout-news.de/informationen-zum-blackout/ist-das-mobilfunknetz-bei-stromausfall-gesichert/ hat da weitere Informationen; Fazit: Mobilfunknetz kann ausfallen, es kann aber auch schnell wieder mit Notanlagen hergestellt werden; ein bundesweiter Ausfall wäre trotzdem nicht handhabbar, aber das wäre auch in den 70ern passiert.

Beim Schneesturm-Stromausfall in Niedersachsen sind tatsächlich Leute erfroren, aber die Gesellschaft ist nicht mal dort zusammengebrochen.

- die heute hoch integrierte Lieferlogistik (zu guten Teilen auf das Internet angewiesen) würde deutlich schneller zu Versorgungsengpässen führen, weil z.B. Lagerkapazitäten heute geringer sind als damals (Just in Time, Delivery on Demand)

Die Ware ist in LKWs auf der Straße. Solange die noch fahren können, passiert da herzlich wenig.

Ein Ausfall des Internet wäre natürlich trotzdem verkrüppelnd; ich denke aber, die Kritis-Leute haben das im Blick.
D.h. wir haben mehr Abhängigkeiten, aber auch mehr Leute, die sich um Notfallpläne kümmern.

- Wärmepumpen und auch "normale" moderne Heizungen funktionieren heute ohne Strom nicht mehr (klar, ein paar mehr Leute könnten heute den Strom "selber machen"...:-))

Eben. Mit PV kannst du deine Wärmepumpe immer betreiben. Selbst im Winter kommt genug Streulicht rein, dass die Wärmepumpe noch läuft, nur den stundenlangen Herd- und Ofenbetrieb fürs Weihnachtsessen muss man vielleicht einschränken.

- Selbst wenn die Versorgung z.B. von Läden nicht problematisch wäre - ohne Strom ist es heute zunehmend schwierig, zu bezahlen - es gibt kaum noch Läden mit mechanischen Registrierkassen. Und wenn die Leute plötzlich wieder mehr Bargeld brauchen würden, wo sollten sie es herbekommen?

Da finden sich ganz schnell Lösungen.
Anschreiben lassen, zum Beispiel. Wenn der Kunde nicht bekannt ist, muss er den Personalausweis vorlegen und die Schuld quittieren. Papier hat ja immer irgendwer wo rumliegen, notfalls fragt man im Büro.

Manche Städte werden anfangen, Notgeld zu drucken. So wie in der Nachkriegszeit.

Es ließen sich sicher etliche weitere Punkte finden, die zeigen, dass unsere heutige Gesellschaft viel weniger resilient ist als noch in den 70ern.

Und doch sind eben auch die Gegenmaßnahmen mehr als früher.

Ich würde die Grenze aber eher in den 50er sehen - damals hätte man zwar sicher auch massive Probleme bei einem langen Stromausfall bekommen - aber man hätte wahrscheinlich noch lange heizen, kochen und einkaufen können. Auf dem Land hätte man noch weniger gemerkt - viele Bauern arbeiteten noch in den frühen 50ern oft mit Pferden, Getreidemühlen nutzten Wasser- und Wind, jedes Haus hatte eine - oft erstaunlich große - Speisekammer und natürlich einen Keller mit eingemachten und eingelegtem Zeug für viele Monate. Mehl kaufte man in Säcken bzw. gar nicht (weil man selbst Getreide anbaute), Milch kam aus der Kuh und nicht aus dem Supermarkt.

Das ist natürlich richtig.
Aber das war auf dem Land.
In den Städten hatten sie Hungersnöte, da war die Resilienz schon damals fast null.

Das ging so weit, dass sich der Kölner Kardinal hingestellt hat und gesagt hat, wer für den Eigenbedarf gegen den Hunger stiehlt, begeht keine Sünde; nach seinem Namen wurde der Lebensmittel- und Kohleklau dann "fringsen" genannt.
Und wären die Städte resilienter gewesen, hätte es das nicht gegeben.

Nein. Ich glaube nicht daran, dass die Gesellschaft viel Resilienz verloren hat.
Sie hat allerdings mehr materiellen Wohlstand zu verlieren. Aber wenn uns das Internet wegbröselt, wird die Gesellschaft halt auf den Stand der 50er zurückfallen, sie wird nicht untergehen.

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