Die vorliegenden diplomatischen Depeschen aus 2005-2009 zweifel ich nicht an. Auch wenn Lawrow in 2005 sich da anders geäußert hatte, kann es ja sein, dass andere Leute schon 2005 anders gedacht haben, und dass bis ca. 2008 der Sachverhalt in Moskau anders beurteilt wurde, auch von Lawrow.
Diese Veränderung in der Beurteilung dürfte auf einer Veränderung im russischen Selbstverständnis beruhen, also einer Verschiebung des russischen Diskurses. Die Souveränität der Ukraine wurde in Frage gestellt, die Ukraine wurde als wesentlicher Teil Russlands angesehen. Also Kiew=Moskau.
Das würde jedoch bedeuten, dass die NATO-Frage bloß zweitrangig ist, im Vordergrund steht von nun an das völkische Selbstverständnis. Falls meine These aufgeht, wäre es völlig unabhängig von der NATO-Frage zum Krieg gekommen, wenn die Ukraine sich nicht den russischen Interessen unterworfen hätte. Denn mit der Negierung der Souveränität liegt ja ständig ein latenter Kriegsgrund vor.