Es geht aber hier nicht darum das Leben gegen Leben aufzuwiegen. Es geht darum Leben gegen Beschränkungen abzuwägen. Das ist ein völlig anderes Niveau.
Das ist eine Abwägung, die die Gesellschaft ( und stellvertretend die Politik) treffen und dann auch durchsetzen muss. Ich halte es für falsch das auf juristische (BVerfG) oder die individuelle Ebene zu verlagern. Eine Gesellschaft sollte dafür eine Antwort finden und verbindliche Regeln definieren. Die Rat- und Planlosigkeit der Politik ist nicht die Ursache, sondern ein Spiegelbild der Verunsicherung in der Gesellschaft. Das haben die Querdenker jedenfalls bewirkt: Verunsicherung und Misstrauen gegenüber staatlicher Autorität. Aus dem Kreislauf: Fakten sammeln - diskutieren und bewerten - entscheiden - umsetzen - Fakten sammeln usw. ist geworden: Meinung bilden - passende "Fakten" suchen - Meinung und "Fakten" für gleichwertig erklären und untrennbar vermischen - jede nicht 100% konforme Entscheidung ablehnen und für ungültig erklären - zum Widerstand aufrufen - jede Änderung der anfänglichen Meinung als "Umfallen" denunzieren - und wieder von vorn. Diese Nicht-Diskussionskultur ist toxisch für eine Gesellschaft, die auf die Pluralität von Meinungen auf der Basis von Fakten und Expertenwissen, auf die Kraft des besseren Arguments setzt. Dort wo Gesellschaften klare, aber durchaus sehr unterschiedliche Antworten auf die Pandemie formuliert haben (z.B. Schweden und Neuseeland) sind die Gesellschaften besser zusammen geblieben als dort, wo eine herumeiernde, ängstliche Politik es allen recht zu machen versucht (Niederlande, Österreich, Deutschland, Schweiz) und so nur Allesabablehnern, Sofawiderstandskämpfern und Allesbesserwissern eine Bühne bereitet hat.