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  • derdickemax

mehr als 1000 Beiträge seit 16.03.2004

Das Makakenexperiment und das befingungslose Grundeinkommen

Zuerst mal: Danke für den Artikel, er ist fundiert 
und richtig gut geschrieben!! Chapeau!

> Nach 20, 30 Durchgängen jedoch, wenn die Affen die 
> Aufgabe drauf hatten, feuerten die Neuronen schon
> nach dem Aufleuchten des Lichts – dafür aber nicht 
> mehr nach dem Safttropfen. 

Dieses Experiment - das eine alltägliche Beobachtung 
bestätigt - ist das beste Argument gegen ein 
bedingungsloses Grundeinkommen.

(Das ist jetzt keine billige Rechtfertigung des 
dämlichen Hartz-IV-Systems mit seinen perversen 
Sanktionen und anderen Unzulänglichkeiten.)

Es geht mir um die banale Feststellung, dass sich 
jeder Mensch wohl fühlt (und etwas zur Gesellschaft 
beiträgt), wenn seine Leistung belohnt wird 
(Anregung der Dopaminzellen).

Das Problem armer wie reicher Leute besteht darin, 
dass sie leisten können, was sie wollen - ihr Leben 
verbessert sich nicht dadurch. 
Wer Kinder reicher Leute beobachtet, weiß das. 

Im Prinzip dasselbe bei Armen oder Arbeitslosen: 
egal wie sie sich anstrengen, wie viele Bewerbungen 
sie schreiben - sie werden abgelehnt wegen fehlender 
Zeugnisse, schräger Biografien, Alter oder ausgefallener 
Zähne.

Kurz: sie lernen, dass es sich nicht lohnt, sich anzustrengen. 

Im Prinzip aber ist das Grundeinkommen dasselbe:es 
ist bedingungslos, d.h. es stellt Menschen in eine 
Situation, in der sie sich durch Anstrengung nicht 
verbessern können, sondern sogar besser (stressfreier) 
stellen, wenn sie einfach nichts tun.

Das Nichtstun ist dem Menschen aber absolut fremd 
und hoch gefährlich. Ein Körper, der sich nicht bewegt, 
verkommt in kürzester Zeit. Bei einem Gehirn genauso.

Der Grundgedanke hinter dem Grundeinkommen 
ist, dass man aufhört, die Menschen zu schikanieren 
und ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden. 
Das ist auch richtig, aber die Lösung ist total falsch.

Die Fälle, in denen das Grundeinkommen jetzt 
ausprobiert wird, liegen ganz anders: das sind junge 
Menschen, die wissen, was sie mit der gesponsorten 
Zeit anfangen: sie verfolgen ihre Projekte.

Für diejenigen aber, die aus Depression und 
vergeblichem Bemühen jetzt schon depressiv, 
Alkoholiker, kettenrauchend oder drogenabhängig  
sind, wird der Verfall noch schneller und extremer.

Das wahre Problem ist, dass die einseitige Orientierung 
am Ersten Arbeitsmarkt und den  irrealen Ansprüchen 
der Arbeitgeber die Chance der betroffenen realen 
Menschen auf erreichbare Erfolgserlebnisse zerstören.

> Kognitiv mag es klar sein, dass eine bestimmte Anstrengung  
> nötig und geeignet wäre, um ein wünschenswertes Ziel zu 
> erlangen. Aber aufraffen? Ach nein, es lohnt sich ja doch nicht . . .
> Diesen Zustand nennt man Anhedonie. 

Jeder, der im sozialen Bereich arbeitet, kennt das: 
in defekten Familien aufgewachsen, in denen die Kinder 
nie gelernt haben, sich langfristig "reinzuhängen", 
um das Erfolgserlebnis und verdiente Lob zu bekommen, 
stoßen diese als Erwachsene dann auf Anforderungen, 
die für sie schwierig bis fast unmöglich sind, ohne 
dafür gelobt oder motiviert zu werden, stattdessen 
im kleinsten Fehlerfall massiv sanktioniert werden.

Da holt man sich sein Dopamin dann halt an der Tanke, 
beim Dealer oder in der Gruppe. Und scheißt auf die 
Leute, von denen man mal anerkannt werden wollte, 
weil man es längst aufgegeben hat.

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