joribo schrieb am 04.03.2019 11:56:
....nämlich nicht Wirtschaftswachstum, gemessen an den Umsätzen oder Gewinnmargen der Firmen, BIP oder BSP, Export/Import-Verhältnis, undsoweiter. Das sind alles theoretische Zahlen der Volkswirtschaftler.
Wichtig ist doch wie es den normalen Menschen geht. Und der Satz "Warum es uns gut geht...." ist falsch.
Ich hatte meine beste Zeit als kleiner Sachbearbeiter 1985, Konstrukteur hinterm Zeichenbrett, HP11C und Tuschestifte in der Tasche, geregelten Urlaub, Gehalt wo man gut von leben konnte, Hobbys, Freizeit, Erfolg bei der Arbeit, fester Wohnsitz, Freunde & Bekannte.
Dann ging es kontinuierlich bergab mit pausenlosen Firmenpleiten. Aufstieg in führende Positionen die sich allesamt als Schleudersitze erwiesen. 8 mal die Arbeit verloren durch Wirtschaftskrisen (u.A. Kollaps Finnland 1992), Pleiten, Verkauf der Firma an internationale Konzerne. Schliessung der Abteilung wegen nicht genug Gewinn. Zeitverträge. Umzüge ohne Ende, Ehescheidung wegen dem ganzen trara. Dann Arbeit in Indien für den Investor der die europäische Firma gerettet hatte. Wieder Pleite. Selbständig. Arbeit in Korea und China mit Zeitverträgen. 6 Jahre im Hotelzimmer verbracht, aus dem Koffer gelebt.
Nun könnte einer sagen: selber Schuld, und man soll nicht von sich auf andere schliessen.
Falsch, denn es lässt sich verallgemeinern. Wir arbeiten auf Schleudersitzen weil heutzutage praktisch jede Firma im Spielball der internationalen Investoren ist. Aufkäufe, Umstrukturierungen, Abteilungsausgliederungen, Schliessungen, Firmennamenänderungen, Fusionen, Sanierungen.....
Und es gibt heute massenhaft Startups von denen nach dem Schrotschussprinzip nur 10% überhaupt überleben können. Besser kann man sich sein CV nicht versauen als mehrfach unschuldig rauszufliegen. Aber wie soll zB ein Jung-Ingenieur ahnen ob ausgerechnet seine Firma gross rauskommt oder Pleite geht. HP hat ja auch mal in der Garage angefangen.
Und:
Wenn heute einer Arbeit sucht dann muss er international mobil sein! Wer einen Job in Tonga ablehnt mit dem Argument es sei doch so weit weg von Deutschland, der bekommt gesagt: "na Sie wollen wohl nicht, dann macht das ein anderer, wegtreten."Und:
Wer arbeitslos wird, muss bereit sein zum halben Gehalt 2 Hirarchie-Ebenen tiefer neu anzufangen oder eben gar nicht. "Zumutbar" ist eben nicht "Karriereleiter fortsetzen".Und:
Wir haben eine Arbeitslosigkeit die weit über 10% liegt weil die Akademikerarbeitslosigkeit nicht in die Statistiken eingeht weil sich keiner leisten kann sein CV zu versauen. Die Jungs sind alle selbständig als beratende Ingenieure, aber viele leben vom Rasenmähen und "Cash auf Kralle".Das sind alles nachweisbare Tendenzen im sozialen Bereich. Die Tonband-ähnlich wiederholte Floskel vom "warum es uns allen doch so gut geht..." ist eben ein billiger Propagandatrick, und der wird langsam aber sicher zu billig um noch zu greifen.
Der Frust sucht sich dann sein Ventil und dann kommt völlig logisch sowas wie die gilets jaunes.
Das wast Du beschreibst sind die Folgen des Reform- und Wachstumswahns den die Autoren kritisieren. Du hast den Text nicht verstanden.