exkoelner schrieb am 04.03.2019 17:20:
Naja ... jedes Jahr gibt es den Herbst und den Winter, da reduziert die ganze Natur ihr Wachstum. Blätter fallen von den Bäumen, Bienen und andere Insektenarten sterben zu großen Teilen ab, die Birken werden über Jahrhunderte irgend wann fast auf Null reduziert, weil sie von einem Buchenwald substituiert worden sind, im selben Wald wachsen jetzt weniger große Buchen und die vielen, kleineren Birken sind verschwunden ... bei zu geringem Nahrungsangebot schrumpft die Population, auch ohne Raubtiere, sie verhungern schlicht. Der größte Elch, der sich nur von bestimmten Grünzeugs und speziellen Flechten ernährte, hatte aufgrund der Eiszeit irgend wann zu wenig Nahrung und ist ausgestorben. Usw.
Allerdings gehts für viele im Frühjahr wieder los. Und in den Tropen gibts keinen Winter.
Ich finde das Leben auch manchmal viel zu kompliziert ...
Nun so wirklich kompliziert ist das doch gar nicht, wenn man die Defaulteinstellung:
„Wachset und mehret euch“ dem Lebens zugrunde legt.
Damit hast du dann auch alle die von dir beschriebenen Prozesse erklärt.
Die Bäume wachen bis im Herbst, Winter lebensnotwendige externe Parameter, Sonneneinstrahlung und Temperatur zurück gehen und der Stoffwechsel massiv heruntergefahren wird.
Für die meisten Insekten, die ja in vielen Fällen eigentlich nur die Reproduktionsformen der Maden und Raupen und Engerlinge sind, haben diese äußeren Veränderungen auch eine reduzierende Wirkung.
Aber nichts von all dem reduziert sich doch aus sich selbst heraus.
Es reagiert und krepiert aufgrund der veränderten Bedingungen.
Birkenbewuchs wird von Buchen dominiert.
Beide Arten versuchen aus sich heraus maximal zu expandieren, aber es gelingt ihnen jeweils nur in der ökologischen Raumzeit Nische, für die sie angepasst sind. Aber diese füllen sie, wenn sich ihnen die Möglichkeit dazu bietet vollständig aus.
Wie gesagt mir ist kaum eine Art bekannt bei der es eine Selbstregulierung gibt.
Und im Frühjahr :-) gibt es mehr Licht und Wärme und alles geht wieder los mit dem Wachstum auf Teufel komm raus.
Blattläuse zum Beispiel, die als befruchtete Weibchen den Winter überlebt haben fangen an sich eingeschlechtlich zu vermehren, nur Töchter, weil das die Population schneller vergrößert, noch etwas mehr exponentiell. Dann erst im Herbst machen sie ein, zwei Generationen mit Männchen.
Und in den Tropen; warum ist der Boden der Urwälder quasie nur unfruchtbarer Sand?
Weil dem Leben dort ausreichend Energie und Wasser zur Verfügung steht, einfach alles was irgendwie mineralische Ressource ist in dem metabolischen Gesamtprozess zu verarbeiten. Vielstufige Kaskaden von Leben lebt von und auf Lebendigem, lebt von und auf auf Lebendigem …
Und an keiner Stelle „kommt es dem Leben in den Sinn“ sich und sein Wachstum zu begrenzen und wo es eine Grenze findet drängt es dagegen an differenziert sich aus und schafft komplexerer Interaktionsstrukturen in den Habitaten.
Ich halte es von daher für nicht weiter verwunderlich, wenn sich in den sozialen Prozesse einer Spezies, deren Herkunft aus dieser Lebensdynamik doch wohl nicht bestritten werden dürfte, dann genau die gleichen Mußter finden.
Zugegeben besitzt der Mensch nun noch eine recht spezielle Eigenheit, seinen Verstand nämlich, mit dem er über sich selbst nachdenken und die Folgen seines Verhaltens, zumindest spekulativ extrapolieren kann, er wäre also als wohl einziges Lebewesen in der Lage sich aus dem universellen Wachstumsdefault zu lösen und sich für sein Verhalten andere Regeln zu setzen.
Allerdings hat ihm dieser Verstand bisher vor allem dazu gedient alle Orte des Planeten für sich habitabel zu machen, also sehr er_volk_reich keine äußere Grenze zu akzeptieren.
Dem Menschen als Individuum ist es ja noch einigermaßen möglich sich aus dem Expansionsrennen des Lebens heraus zu nehmen, aber auf der Ebene der Spezies gibt es dann ja eher keine klare „Verstandesinstanz“ mehr, sondern nur ein kommunikatives Rauschen von Einzellinteressen.
Und ich denke aus diesem Rauschen entsteht dann einfach wieder die alte Defaulteinstellung:
Wachset und mehret (euch und) alles was ihr begehrt.
Also genau das, was wir aktuell als Prozess beobachten.
Aber um noch kurz auf den Kern der Frage nach dem Wachstum zurück zu kommen.
Was wächst da nun eigentlich? Und wie wird es gemessen?
Wie ist zum Beispiel das Potential der durch die modernen Medien möglich gewordenen globalen Kommunikation in den Wachstumsbilanzen berücksichtigt?
Solange die Menschen sich Katzenvideos oder Selfies posten, ordne ich dem keinen großen Wert bei, aber das Medium gibt unvorstellbar mehr her.
Und das ist doch wohl auch eine Art von Daseinswertsteigerung.
Aus einer weltweiten Perspektive:
plötzlich schwimmen oder ertrinken Milliarden von Menschen im Informationswirlpool des 21sten Jahrhunderts.
Wie lässt sich das in den traditionellen Volkswirtschaftsmodellen einpreisen?